Gipfel zum Ukraine-Konflikt: Was in Minsk vereinbart wurde

Und, was haben Sie die ganze Nacht gemacht?“, fragte Wladimir Putin grinsend, als er am Donnerstagvormittag vor die Journalisten trat. Der russische Präsident verbreitete gute Laune: Es sei nicht die beste Nacht seines Lebens gewesen, aber der Morgen danach sei schön. „Denn auf das Hauptsächliche haben wir uns einigen können.“

Gegen 10 Uhr endeten am Donnerstag im Minsker Unabhängigkeitspalast 16 Stunden Verhandlungspoker zwischen Wladimir Putin, seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande mit einem mühsamen Kompromiss. Man einigte sich auf eine Waffenruhe im Donbass und einen Maßnahmenkatalog, um den Konflikt in der Ukraine einzudämmen.

Das Quartett verhandelte stundenlang, zog seine Delegationen hinzu, frühstückte, trank „mehrere Eimer Kaffee leer“, wie der gastgebende Staatschef Alexander Lukaschenko ausplauderte, beriet sich weiter. Der russische Außenminister Sergej Lawrow verkündete den Journalisten lächelnd, die Gespräche liefen „besser als super“, Putin-Berater Wjatscheslaw Surkow zeigte ihnen dagegen den Mittelfinger.

Ein Eklat drohte gegen 7 Uhr morgens, als es schon hieß, die Gespräche gingen zu Ende, dann aber Poroschenko den Verhandlungssaal verließ und polterte, Russland stelle unannehmbare Bedingungen. Zwischenzeitlich weigerten sich die Führer der ostukrainischen Rebellen, die parallel mit der Kontaktgruppe ukrainischer, russischer und Vertretern der OSZE tagten, das Abkommen zu unterzeichnen.

Dass es schließlich doch zu einer Einigung kam, wertete Kanzlerin Merkel nur als „Hoffnungsschimmer“. Poroschenko gab sich dagegen kämpferisch: „Wir haben keinerlei Autonomie zugelassen, auch wenn die Gegenseite unbedingt darauf bestand.“ Doch „dieses Abkommen wird nicht lange halten“, sagte der russische Politologe Jewgeni Mintschenko der Berliner Zeitung. „Vor dem Donbass liegt noch eine ganze Serie von Krisen und Kämpfen.“
Die neue Minsker Vereinbarung sieht 13 Punkte vor, die sich auf die Umsetzung des Abkommens vom 19. September konzentrieren.

Die Vereinbarungen im Überblick

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Waffenruhe:

Sie ist Kern der neuen Vereinbarung und soll am Sonntag um 0 Uhr Kiewer Zeit (Sonnabend, 23 Uhr MEZ) beginnen. Alle bisherigen Vereinbarungen dazu wurden allerdings von beiden Seiten wiederholt verletzt. Auch während der jüngsten Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt wurde erbittert gekämpft. Die Separatisten haben keine einheitliche Kommandostruktur und auch auf Seiten der Regierungstruppen hören nicht alle Einheiten auf das Oberkommando.

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Pufferzone:

Der Abzug schwerer Waffen soll am Dienstag beginnen und nach zwei Wochen abgeschlossen sein. Schwere Artillerie beider Seiten soll dabei je nach Kaliber zwischen 50 und 140 Kilometer zurückgezogen werden, bei den Rebellen ausgehend von der am 19. September festgelegten Demarkationslinie, aufseiten der Ukraine von der aktuellen Frontlinie. Praktisch bedeutet das eine Pufferzone, die die schweren Waffen aus dem größten Teil des Donbass verbannt.

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Monitoring:

Den Rückzug kontrollieren sollen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Ihnen war es allerdings im September nicht einmal gelungen, einen Abzug der schweren Artillerie über nur
15 Kilometer durchzusetzen. Zum Einsatz sollen Satelliten, Drohnen und Radar kommen. An der Front wird aber weiter gekämpft. Die Rebellen meldeten bereits vor Tagen die Einkesselung von mehr als 5 000 ukrainischen Soldaten bei Debalzewo, „natürlich verlangen sie deren Kapitulation“, sekundierte Putin in Minsk. Das ukrainische Bataillon „Donbass“ dagegen verkündete, es habe gerade ein Dorf zurückerobert und damit die Einkesselung durchbrochen. Die Regierung in Kiew bestritt, dass es überhaupt zu einer Einkesselung gekommen sei. Die Lage bleibt verwirrend.

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Lesen Sie im nächsten Abschnitt, welche Vereinbarungen zu ausländischen Kämpfern und zu einer möglichen Autonomie der Separatistengebiete vereinbart wurde