"Hände weg von Mississippi" ist ein Nostalgie-getränkter Heimatfilm von Detlev Buck: Omas Busen in der Torte

Am liebsten würde die zehnjährige Emma für immer bei Großmutter Dolly wohnen. Denn die lebt in einem Dorf, wo das Wasser noch klar und das Gras noch grün ist, und außerdem hat sie ausreichend Zeit für die kleine Enkelin. Emmas Eltern aber sind an die Stadt gebunden, und so bleiben nur die Sommerferien, um aufs Land zu fahren. In seinem neuen Film "Hände weg von Mississippi" nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Cornelia Funke erzählt Detlev Buck von dieser Reise. Und von einer besonderen Bewährungsprobe, der das Mädchen ausgesetzt ist. Nach dem Tod eines Dorfbewohners soll nämlich dessen Pferd geschlachtet werden. Der Neffe des Verblichenen, ein Geschäftemacher, will das Tier loswerden. Doch er hat nicht mit Emma und deren Oma gerechnet. Die beiden schreiten zur Tat.Buck inszeniert diese Konfrontation als Mischung aus Idyllik und Klamauk. Sein Film spielt in einem pittoresken Märchenland, in dem skurrile Figuren für weitgehend derbe Späße sorgen. Schon in der ersten Szene wird ein Dörfler vom Pferd geworfen und fliegt in den Teich; später hängt der Busen der Großmutter mitten in einer Cremetorte, ein Vogel kackt auf den Hut der Nachbarin, und der Bösewicht landet in einem Haufen Pferdescheiße. Zwischen solch forciertem Nonsens schneidet Buck Bilder vom blauen Himmel und von satten Wiesen sowie Großaufnahmen einer Raupe, die auf einem Koffer entlang kriecht, oder einer Schwalbenfamilie. "Hände weg von Mississippi" wirkt, als habe sich der Regisseur von der Düsternis seines Vorgängerfilms, der Berliner Milieustudie "Knallhart" (2006), erholen müssen. "Knallhart" war sozial genau, gesellschaftlich brisant und für Bucks künstlerische Kraft ein weiter Schritt nach vorn. "Mississippi" dagegen kehrt wieder zur alten unverbindlichen Clownerie von "Männerpension" (1996) oder "Liebe deine Nächste" (1998) zurück.Allerdings ist dieses Ferienabenteuer nicht bloß süßlich und nett, es transportiert auch manche jener konservativen Haltungen, die einst mit dem deutschen Heimatfilm verbunden waren. So entwirft Buck das Bollwerk eines nostalgiegetränkten Universums, das sich mit aller Kraft dem Einbruch der Moderne widersetzt. Der Neffe ist auch deshalb böse, weil er den Bauernhof seines toten Onkels an Investoren verkaufen will, die dort einen Discounter mit Wasservergnügungspark planen. Plötzlich geistert der Begriff "Globalisierung" durch die Idylle: eine Bedrohung, die zur Zerstörung der dörflichen Infrastruktur führen müsste. Überhaupt kommt von draußen, aus der fernen, fremden Stadt, nur Bedenkliches: Neben dem fiesen Spekulanten gehört dazu letztlich auch Emmas Mutter, die sich emanzipiert gibt, aber als schrille Karikatur vorgeführt wird. An der Seite solcher Figuren, so suggeriert der Film, wird Emma nie den Sinn des Lebens entdecken. Auf dem Land, bei der Oma und dem guten Tierarzt, kann die Kleine dagegen ganz zu sich selbst finden."Hände weg von Mississippi" entlehnt einige seiner Ideen bei "Tom Sawyer" und "Pippi Langstrumpf". Zoe Charlotte Mannhardt in der Rolle der Emma beispielsweise tritt mit ebenso langen Zöpfen auf wie ihre schwedische Geistesverwandte. Leider haben sich die Filmemacher weniger für die Beziehungen des Mädchens und des störrischen alten Pferdes interessiert als vielmehr für die Gags um die beiden herum. Während die Kinder von der Regie eher vernachlässigt wurden, dürfen die Erwachsenen ihrem Affen Zucker geben: Katharina Thalbach als Großmutter, Fritzi Haberlandt als Mutter, Christoph Maria Herbst als Bösewicht, Milan Peschel als Hinnerk oder Margit Bendokat als Nachbarin waren mit sichtlichem Spaß bei der Sache. Die greise Heidi Kabel lehnt mitsamt ihrer Tochter Heidi Mahler überm Gartenzaun und kommentiert das Geschehen. Als Dorfpolizist schließlich chargiert Detlev Buck höchstselbst: mit hochgerecktem Kinn, scheinbar alles besser wissend und am Ende doch von den Klügeren ausgetrickst.Hände weg von Mississippi Dtl. 2007. Regie: Detlev Buck, Drehbuch: Maggie Peren, Stefan Schaller, nach der Buchvorlage von Cornelia Funke, Kamera: Jana Marsik, Darsteller: Zoe Mannhardt, Katharina Thalbach, Christoph Maria Herbst u. a.; 100 Minuten, Farbe.------------------------------Foto: Hat Zöpfe wie die gute Pippi Langstrumpf: Zoe Charlotte Mannhardt als Emma.