Hohe Mietgarantien belasten Berlins größten Immobilien-Investor / Sanierungsplan aufgestellt: Concordia Bau in der Schieflage

Berlin. Die Oberhausener Concordia Bau und Boden AG steckt in schweren Liquiditätsproblemen. Das Unternehmen, dessen Vorstandschef Günter Minninger am Mittwoch zurücktrat, gilt in Berlin mit einem geschätzten Engagement von mehr als zwei Milliarden Mark als größter Immobilien-Investor.Die stark gefallenen Gewerbemieten, der Büroleerstand und die Baisse auf dem Markt für Eigentumswohnungen in der Hauptstadt sind die Gründe für die Misere der Concordia. Sie hatte den Bau zahlreicher Objekte auf Mietgarantien von teilweise doppelter Höhe des heutigen Niveaus gegründet. Daraus ergibt sich jetzt ein aktueller Liquiditätsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe, räumte Minninger vor seinem Rücktritt gegenüber der Berliner Zeitung ein. Unbezahlte Lieferanten Auf zahlreichen Baustellen des Unternehmens hatte sich Anwohnern zufolge in den letzten Wochen wenig getan. Dies verschärfte sich vor 14 Tagen, nachdem wegen offener Rechnungen zahlreiche Lieferanten absprangen. Für sie soll ein Spezialfonds eingerichtet werden, sagte Wolfram Seifert, neuer Vorstandssprecher und Finanzvorstand gestern gegenüber der Berliner Zeitung. Er ist Teil eines vom Aufsichtsrat beschlossenen "umfassenden Sanierungsplans". In den nächsten Tagen sollen "Berater aus der Wirtschaft" gefunden werden, die dem Vorstand bei seinen Verhandlungen mit den Banken und Aktionären helfen. "Jedes noch nicht begonnene Objekt kommt auf den Prüfstand", so Seifert, der von der Münchener Doblinger-Gruppe kommt. Alle anderen würden "im Prinzip" fortgeführt, Wohnungen "in jedem Fall".Zu Zahlen wollte sich Seifert gestern nicht äußern. Während bei einigen Objekten der Wohnungsverkauf stockt, wurden andere noch im Bau befindliche bereits an Anleger veräußert. Einige Berliner Concordia-Bauten - sie werden zumeist über geschlossene Fonds finanziert - im Überblick: Alte Jakob-/Neue Grün-/Seydelstraße in Mitte: Im sogenannten kleinen Regierungsviertel sind rund zehn Objekte mit Laden- und Büroflächen und einigen Wohnungen im Bau. An der Alten Jakobstraße ließ Grundstücksnachbar Trigon/Interhotel der Concordia Anfang 1996 gerichtlich den Weiterbau eines zwölfgeschossigen Hauses verbieten, weil Abstände nicht eingehalten wurden. Am Spittelmarkt soll zudem zusammen mit Bilfinger+Berger eine halbe Milliarde Mark investiert werden. Prenzlauer-Berg: An der ehemaligen Schuhfabrik Goldpunkt ensteht die "Residenz am Weinert-Park". Weißensee: DGZ-Bürostadt an der Gustav-Adolf-Straße. Die Fertigstellung des 600-Millionen-Projektes ist für Ende 1996 geplant. Am Checkpoint Charlie errichtet die Concordia einen der fünf neuen Blöcke. Dort gab es Ärger, weil gegenüber dem Wettbewerbsentwurf die Fassade und die Wohnungsgrößen geändert wurden. Im Mai sollte hinter dem Verlagshaus der Berliner Zeitung an der früheren Kleinen Alexanderstraße mit dem Bau von vorerst 200 Wohnungen begonnen werden. Weitere Objekte sind an der Friedrichstraße in Mitte, der Möllendorffstraße in Lichtenberg, der Pankower Hadlichstraße und auf der Halbinsel Alt-Stralau in Friedrichshain. Aktie unter Druck Die Concordia-Aktie wurde gestern in Frankfurt mit 51 Mark r. B. gehandelt. Das bedeutet, daß es weit mehr Verkaufsangebote als Nachfragen gab. Der Jahreshöchststand des Papiers lag bei 76,20 Mark. Knapp 58 Prozent der Anteile hält die französische Caisse des Depots et Consignations, 35 Prozent die Familie von Ex-Vorstandschef Minninger - er soll nun im Aufsichtsrat wirken -, der Rest ist Streubesitz. +++