In der alten Stahlwerkshalle von Hennigsdorf finden einmal im Monat die größten Techno-Partys im Umland statt: "Gott ist ein DJ und das ist sein Tempel"
HENNIGSDORF. Spätestens, wenn man die 80 Meter lange Werkhalle betritt, erscheinen die neun Grad Außentemperatur warm. Die ungeheizte Halle ist kalt, winternachtskalt. Doch das soll sich heute Nacht ändern: Dann wird hier geschwitzt. Stundenlang. Hunderte von Jugendlichen werden auf das alte Stahlwerksgelände von Hennigsdorf (Oberhavel) pilgern, um bei der größten Techno-Disko im Berliner Umland dabei zu sein bei der 3. Magic-Gate-Party.Tanzen bis 8 Uhr morgens"Es wird ja oft behauptet, Techno sei tot", sagt Daniela Urbat, die mit ihrem Geschäftspartner Mike Estelmann die Diskos organisiert. "Aber wir sind der Gegenbeweis." Bereits zur ersten Party im vergangenen September kamen 2 500 Leute. "Und viele fragten, ob wir die Party nicht jedes Wochenende machen können", sagt die 28-Jährige. Das sei aber nicht zu organisieren. Bis jetzt fanden die Tanznächte alle zwei Monate statt. Von heute an wird einmal monatlich von 22 bis acht Uhr morgens durchgetanzt."Die Halle ist alt, groß, schmuddelig, dunkel und verrucht", sagt Daniela Urbat. Das sei ideal für Techno. Die Fans mögen Hallen, die so groß sind, wie die Musik laut ist. "Als wir unsere Musikanlage hier das erste Mal einschalteten, sind wir uns weinend in die Arme gefallen", sagt sie. "So schön war das."Daniela Urbat steht mitten in der Halle und sieht sich noch immer um, als könne sie nicht glauben, dass das "ihre" Halle ist. Zwar nur gemietet für ein Jahr, aber immerhin. "God is a DJ und das ist sein Tempel", sagt sie und sieht zur Decke. Die Halle ist hoch wie ein Kirchenschiff. Am hinteren Ende steht ein drei Meter hoher dunkler "Altar". Es ist das Podest für die Techno-Götter, die Diskjockeys. Die "Gemeinde" zu ihren Füßen wird ihnen in der Nacht huldigen: durch stundenlanges Tanzen."Die Kids feiern da, wo die Eltern früher gearbeitet haben", sagt Mike Estelmann. An die wird künftig auch gedacht: Im Juni findet in Halle 63, ein "Klassentreffen der Stahlwerker" statt. Zudem sind Konzerte und Sportevents geplant. An jeden Wochenende wird etwas los sein.Doch die Techno-Nächte sollen die Höhepunkte sein. Vorbild sei das Berliner "E-Werk", das jahrelang Treffpunkt der Szene war, sagt Estelmann. Jetzt ist das E-Werk geschlossen und Hennigsdorf soll der neue große Anlaufpunkt der Techno-Fans sein. "Schätzungsweise 70 Prozent der Leute kommen aus der Region, der Rest aus Berlin, aber auch aus Neubrandenburg, Potsdam oder Wittstock."Estelmann und Urbat sind nicht die einzigen, die Techno-Partys im Umland organisieren, doch viele Organisatoren mussten auch schon wieder aufhören. So wurden Andreas Palm seine von etwa 1 000 Leuten besuchten Techno-Nächte im Seehaus Liebenberg verboten. Grund: "Es war zu laut und zu viele Jugendliche kamen", sagt er. Auch Oliver Lohr, der einmal im Monat Techno-Partys in einem alten Militärbunker in Schönermark veranstaltet, bekam wegen der Lautstärke Schwierigkeiten. Ansonsten finden die Partys meist in kleineren Clubs statt: einmal in der Woche im Lindenpark Potsdam oder im Wildauer "New World" und alle paar Wochen im Ku-Stall in Strausberg und im Fürstenwalder Club im Park. In Hennigsdorf gab es wegen der Lautstärke bisher keine Probleme das ehemalige Stahlwerksgelände ist sehr weitläufig. Es wird also heute wieder laut werden. Und warm. Denn ab zehn Uhr morgens werden die Heizungen hochgefahren. Und ein paar Hundert tanzende Körper werden später die kalte Winternacht draußen vergessen lassen.