In Kolumbien ist die Inline-Skaterin Cecilia Baena ein Star, nun wirbt sie beim Berlin-Marathon für Aufmerksamkeit: Die rollende Königin
BERLIN. Cecilia Baena versteht nicht viel von dem, was der Moderator sagt. Er redet deutsch, Baena ist Kolumbianerin. Sie sitzt in einem Berliner Hotel auf einer Art Barhocker, ihre Beine baumeln in der Luft; die Inline-Skaterin ist nur 1,55 Meter groß. Sie konzentriert sich auf die Sätze, die der Moderator über den Berlin-Marathon spricht, der für die Eliteläufer am Sonnabend um 16.10 Uhr Unter den Linden startet. Aber dann hört Baena ein Wort, das sie versteht. Star! Gleich darauf sagt der Moderator ihren Namen. Cecilia Baena lächelt ein nettes Püppchenlachen. Sie sieht geschmeichelt aus. So, als sei sie ziemlich gern ein Star.In Kolumbien ist das die 22-Jährige tatsächlich. Skating, sagt ihr Marathon-Kollege Diego Rosero, "ist dort die zweitwichtigste Sportart, sie kommt dem Fußball nah. Wir haben nicht so viele große Athleten oder gar Olympiasieger. Wir haben gute Inline-Skater, und die Leute glauben, das ist die Möglichkeit, etwas zu erreichen".Cecilia Baena hat schon viel erreicht, seit sie mit drei Jahren begann, durchs Leben zu rollen: Sie hat 22 Weltmeistertitel gewonnen, unzählige Interviews gegeben und Magazinseiten gefüllt. Sie ist populär in ihrer Heimat. Jeder, der Pasta isst, kennt ihr Gesicht: es lacht auf den Packungen der Nudelmarke La Muñeca hundertfach von Supermarktregalen, Plakatwänden und Eisenbahnzügen. "Alle kennen mich. Die Kinder möchten sein wie ich. In Bogota kann ich nicht ungestört ins Kino gehen", erzählt Baena. In Deutschland ist das natürlich anders, für die Athletin "ein eher seltsames Gefühl, wenn niemand Autogramme haben will".2004 und 2008 hat Baena den Berlin-Marathon gewonnen. Dieses Jahr will sie Sieg Nummer drei und dazu das Preisgeld von 5 000 Euro einstecken, erstmals im Trikot des deutschen Powerslide Teams. Der Sportartikelhersteller aus Bindlach in Oberfranken hat Baena verpflichtet, "weil sie seit Jahren die Sportikone im Inline-Skating überhaupt ist", erläutert Marketing-Manager Joost van Schaik. "Überall, wo sie erscheint, gewinnt sie."Baena macht es Spaß, sich und ihren Sport zu repräsentieren. Sie sitzt noch immer auf dem Hocker und versucht, niemand merken zu lassen, wie unbequem das ohne Lehne ist. Sie schafft es durch die Begeisterung, die aus ihren Knopfaugen strahlt, wenn sie von ihrer Stiftung erzählt, von den 100 Kindern in ihrem Klub in Bogota, die sie unterstützt. "Die wirtschaftliche Situation in meinem Land ist kompliziert", sagt Baena. "Inline-Skating ist mein Weg herauszugehen, wiederzukommen und den Leute eine Vision und neuen Stolz zu geben." In ihrer Stiftung, dem CMB Club Metropolitano Bogota, bedeutet das: Schuhe, Rollen, Ausrüstung und Kampagnen für die Kinder sowie Training bei den besten Trainern, die selber Weltmeister waren.Südamerika und Asien gelten im Inline-Skating als Märkte der Zukunft, gerade findet die WM in China statt, die nächste 2011 in Venezuela. Bei ihrer Olympiabewerbung ist die Sportart allerdings kürzlich durchgefallen. Die Lobbyarbeit hat offenbar nicht ausgereicht. Baena findet das schade, denn Olympia hätte mehr Geld, Sponsoren und weltweit Aufmerksamkeit gebracht.Seit April hat die Athletin in Groß-Gerau bei Frankfurt gelebt, im Powerslide-House in einer WG mit drei Kolumbianerinnen. Von dort sind sie zu den Wettkämpfen des World-Inline Cups ausgeflogen. Baena führt das Klassement an. Bei den Männern liegt der Franzose Yann Guyader in Führung, der am Sonnabend Diego Rosero und dessen Plan attackieren will, als erster Skater die 42 Kilometer in weniger als 60 Minuten zurückzulegen.Baena und Guyader sind die Protagonisten des Powerslide Teams. Die Firma hat kürzlich Plakate drucken lassen, auf denen steht: Baena, The Queen, Guyader, The Emperor. Zufällig sind Königin und Eroberer seit einem Monat ein Liebespaar. Ob ihnen das im Rennen helfe, fragt der Moderator. Baena versteht das. Aber als Antwort zeigt sie nur ein schamhaftes Püppchenlächeln.------------------------------Foto: Dehnübung: Titelverteidigerin Cecilia Baena startet beim Berlin-Marathon.