In Leipzig wirft die Limacon-Sammlung Fragen auf: Zu marktfrisch, um wahr zu sein

Überraschend kündigte vergangene Woche die Kustodie der Universität Leipzig eine bislang völlig unbekannte Privatsammlung an. Der Titel "Von Raffael bis Monet" erregte ungläubiges Staunen, mehr aber noch die Künstler, die gezeigt werden: Dieric Bouts, Cranach, Dürer, Leonardo, Raffael, Giorgione, Tizian, Caravaggio, El Greco, Rembrandt, Turner, Monet, bis hin zu Cézanne, van Gogh und Gauguin. Ein fantastischer Traum? Über Nacht holt die in Liechtenstein ansässige Limacon-Stiftung 65 Gemälde von vermeintlichem Weltrang aus dem Safe, die bisher niemand kannte. Selbst Experten des Kunsthandels hörten noch nie von dieser Sammlung.Den Kontakt zu Limacon hatte der Leipziger Kunsthistoriker Ernst Ullmann hergestellt, der vor einigen Jahren die Sammlung begutachtete und Expertisen ausstellte. Doch es gibt keinen Kunstwissenschaftler mit Generalkenntnis vom Spätmittelalter bis zur Moderne. Ullmann ist zwar als Erforscher der italienischen Renaissance bekannt, aber gewiss keine Autorität als Zuschreibungsexperte. Kein Händler, der auf sich hält, würde ein Gutachten von ihm akzeptieren. Auch der Katalog räumt die Zweifel nicht aus. Die Provenienzen sind lückenhaft, vor allem wüsste man gern, wie es zu den Zuschreibungen kam. Hat Christie s New York die "Cook-Madonna" 1993 als zweifelsfreien Tizian angeboten? Wer hat den drittklassigen "Brudermord" Caravaggio zugewiesen? Wie kann man neun (!) Rembrandts vorführen, ohne das Rembrandt Research Project zu konsultieren?Eine schillernde Rolle spielt Palma Hamm, Gründerin, Präsidentin und mit ihrem Gatten offenbar auch Hauptsponsorin der 1992 gegründeten humanitären Limacon-Stiftung, über deren Hintergründe man die Presse gereizt im Unklaren ließ. Frau Hamm ist Professorin der Kunstgeschichte und hat einige der spektakulärsten Zuschreibungen ihrer Bilder selbst vorgenommen. Noch im vergangenen Dezember verkündete sie den Verkauf von Turners "Seeschlacht" zu Gunsten Not leidender Kinder, doch nun taucht das Gemälde wieder auf. Insgesamt zeugt die Sammlung, sollten sich einige der Zuschreibungen halten lassen, nicht von großer Kennerschaft. Sie ist sichtlich nach großen Namen zusammengetragen; Qualität und Unbedenklichkeit des Einzelwerkes waren offenbar selten entscheidend. Was geht in Leipzig vor? Haben sich Ullmann und der Universitätskustos Reiner Behrends einspannen lassen, um einer dubiosen Sammlung Marktreife zu verleihen? Sind sie einer verdrehten Privatpassion aufgesessen? Bei der Eröffnung rühmten alle Beteiligten die große Tradition der Leipziger Universität. Genau dieser Ruf könnte jedoch mit der Ausstellung nachhaltig Schaden erleiden.Kustodie (Leipzig), bis 4. August