Insolvenzverwalter haben großen Entscheidungsspielraum. Geregelte Ausbildungswege gibt es nicht: Macht in Hülle und Fülle

Mit der rasant zunehmenden Zahl der Unternehmensinsolvenzen -für 2009 erwartet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform 17 Prozent mehr Firmenpleiten als 2008 -nimmt auch der Einsatz der Insolvenzverwalter zu. Sie sollen den Gläubigern zahlungsunfähiger Unternehmen zu ihrem Recht, sprich ihrem Geld, verhelfen. Sie haben entweder die Möglichkeit, vom Unternehmen zu verkaufen, was sich verkaufen lässt, oder die Firma gesundgeschrumpft mit neuem Konzept weiterzuführen. "Die Betriebsfortführung ist die hohe Kunst des Insolvenzverwalters", sagt Barbara Beutler, Vorstandsmitglied im Verband der Insolvenzverwalter und Fachanwältin für Insolvenzrecht. "Das ist allerdings aufwendig", gibt sie zu. "Und die Risiken -die persönliche Haftung zum Beispiel -sind höher. Meist ist allerdings auch der Ertrag größer."Detektivischer Spürsinn nötigEinen geregelten Ausbildungsweg zum Insolvenzverwalter gibt es nicht. Auch Kontrollen oder Transparenz existieren kaum, dafür erhält der Verwalter eine unglaubliche Machtfülle, herrscht er doch über ein gesamtes Unternehmen und zwar von dem Moment an, in dem ihm das Gericht die Verwaltung überträgt. Er ist dann lediglich ihm und der Versammlung der Gläubiger zur Rechenschaft verpflichtet. Ein Bericht im halben Jahr genügt jedoch."Es ist unglaublich, dass wir Leuten ohne objektiven Qualifizierungs- und Erfolgsnachweis die Verfügungsgewalt über Tausende Arbeitsplätze und Vermögenswerte anvertrauen", prangert Hans Haarmeyer, Professor am RheinAhrCampus der Fachhochschule Koblenz und Direktor des Deutschen Instituts für angewandtes Insolvenzrecht deshalb an. Dabei wird vom Insolvenzverwalter viel gefordert. Die meisten haben einen juristischen Hintergrund, in der Praxis aber benötigen sie zusätzlich unternehmerisches und betriebswirtschaftliches Wissen, müssen sie doch Prozesse analysieren und Märkte beurteilen. In den meisten Fällen ist es daher notwendig, sich Expertise dazuzuholen, sei es durch Führungskräfte aus dem Unternehmen, externe Unternehmensberater oder Wirtschaftsprüfer. Häufig ist zusätzlich detektivisches Gespür gefragt: Welche Unternehmenswerte wurden vor der Insolvenz noch rasch verschoben, welche obskuren Deals schnell eingefädelt, um Geld ins Ausland zu bringen? Fast zwei Jahre lang recherchierte beispielsweise der Frankfurter Anwalt Gerhard Walter Mitte der 1990er-Jahre im Fall des Baulöwen Schneider.Starke Nerven und eine überzeugende Persönlichkeit sind darüber hinaus gefragt, denn der Insolvenzverwalter befindet sich in einem hochemotionalen Spannungsfeld. Er muss Menschen für sein Unterfangen gewinnen und von seinem Rettungsplan überzeugen und ist überdies oft Anfeindungen von verzweifelten Gläubigern, die ihr Geld davonschwimmen sehen, ausgesetzt.Zehn Milliarden Euro Schaden jährlichSchwarze Schafe, die Firmenwerte zum Schnäppchenpreis verscherbeln, gibt es in der Branche leider genug. Auf jährlich zehn Milliarden Euro schätzt Haarmeyer den Schaden, den schlechte Insolvenzverwalter anrichten. Etwa 100 000 Arbeitsplätze werden pro Jahr wegen ihrer Inkompetenz unnötig vernichtet. Das muss und soll anders werden. Das Bundesjustizministerium wie auch der Verband streben Zugangsvoraussetzungen und eine Berufsordnung an. Ein gewisses Qualitätsmerkmal ist die Zugehörigkeit zum Verband schon jetzt: Verbandsmitglieder müssen eine theoretische Ausbildung sowie praktische Erfahrungen nachweisen und Gutachten vorlegen.------------------------------Im Falle der InsolvenzHonorar Das Honorar eines Insolvenzverwalters errechnet sich anhand der Höhe der Insolvenzmasse. Von den ersten 25 000 Euro der Insolvenzmasse erhält er 40 Prozent (also 10 000 Euro), von dem Mehrbetrag bis zu 50 000 Euro 25 Prozent (weitere 6 250 Euro), anschließend geht es einstellig weiter. VerbandZweck des Verbandes der Insolvenz- verwalter ist neben der Förderung und Weiterentwicklung des Insolvenzrechts auch die berufliche Aus- und Fortbildung der auf diesem Gebiet tätigen Personen.www.vid.de Arbeitskreis für InsolvenzwesenDer Arbeitskreis, der im Oktober 60-jähriges Bestehen feiert, ist Plattform für den Austausch alle Berufsgruppen, die sich mit dem Insolvenzwesen befassen. www.ak-inso-koeln.deFachanwalt InsolvenzrechtEine Übersicht über Weiterbildungskurse zum Fachanwalt für Insolvenzrecht gibt es im Netz.www.fachanwaltslehrgang.de------------------------------Foto: Selbst Traditionsunternehmen können Konkurs gehen. Insolvenzverwalter übernehmen nach der Pleite das Ruder, um zu retten, was zu retten ist.