Jemen: Verblutet in der Hochzeitsnacht

Rawan war erst acht Jahre alt, und nun ist sie tot. Das jemenitische Mädchen starb in ihrer Hochzeitsnacht. Sie verblutete innerlich, weil ihr Körper noch zu klein und zu zart war, um den Geschlechtsverkehr auszuhalten. Auch nahm ihr vierzigjähriger Bräutigam wohl wenig Rücksicht auf sie.

Rawans Schicksal ist nichts Besonderes – außer, dass international darüber berichtet wird. Eine kuwaitische Zeitung empörte sich über ihren Tod und forderte die jemenitischen Behörden auf, gegen den Bräutigam und die Familie des Mädchens vorzugehen.

Kinderehen sind auch im Jemen verboten, aber weit verbreitet: „Viele Jemeniten sehen Frauen als ihr Privateigentum an, das sie verkaufen können“, sagt Jumana al Sarik, sie leitet eines der wenigen Frauenhäuser im Jemen. Zu ihr kommen Mädchen, die rechtzeitig fliehen konnten. Immer wieder würden Mädchen, noch bevor sie die Pubertät erreicht haben, gegen Geld an weitaus ältere Männer verheiratet. Schuld daran sind althergebrachte Traditionen, aber auch die Not der Menschen. „Durch die Umbrüche der vergangenen Jahre und die wirtschaftlichen Probleme haben viele Männer den Halt verloren. Die Gewalt gegen Frauen hat zugenommen“, sagt Al Sarik. Zugleich nehme aber langsam auch das Bewusstsein zu, dass dies Unrecht ist.

Vor drei Monaten waren die jemenitischen Kinderbräute schon einmal Thema in internationalen Medien. Damals erregte der herzzerreißende Hilferuf der elfjährigen Nada al Ahdal Aufsehen: In einem Video, das sie im Internet veröffentlichte, erklärte sie, dass sie auf der Flucht vor einer arrangierten Ehe sei. Konservative Kommentatoren waren damals regelrecht über sie hergefallen: Sie rücke den Jemen in ein schlechtes Licht und sei zudem unglaubwürdig. Als Nadas Vater von der Polizei befragt wurde, leugnete er, dass er sie verkaufen wollte. Er gab jedoch zu, dass ihm ein lukratives Angebot vorliege.

„Je mehr über das Schicksal dieser Mädchen berichtet wird, desto mehr von ihnen wagen die Flucht vor ihrer Familie“, so Al Sarik. Wichtig sei, dass Mädchen dann eine echte Chance bekämen. In ihrem Frauenhaus bietet sie Näh- und Computerkurse an, damit sie sich ein eigenes Leben aufbauen können.

Für die nun qualvoll ums Leben gekommene Rawan kommt jede Hilfe zu spät, aber ihr Tod löst im Jemen eine heftige Debatte über die brutale Tradition der Kinderbräute aus. Allen ist klar: Rawan ist eine von vielen. „Allein am Sonnabend starben acht Kinderbräute“, so lautete die Schlagzeile der jemenitischen Tageszeitung Al Ischtiraki am Montag.