Kein Asyl in Russland: Snowden weiter auf der Flucht
Der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hat am Dienstag seinen Asylantrag in Russland zurückgezogen. Dies teilte Snowden am Vormittag mit. Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin ihm zwar Asyl in Moskau angeboten, ihn aber zugleich aufgefordert, nicht mehr länger dem russischen „Verbündeten“ USA zu schaden. Snowden bat jetzt mehrere andere Staaten um Asyl.
Der 30-jährige Netzwerk-Spezialist verfügt im Augenblick nicht mehr über einen gültigen Reisepass, nachdem die US-Behörden seine Ausweispapiere für ungültig erklärt haben. Faktisch würde US-Präsident Barack Obama die Staatsangehörigkeit zur Waffe machen, beklagte sich Snowden in einer Mitteilung, die die Enthüllungsplattform Wikileaks in der Nacht zu Dienstag veröffentlichte. Darin teilte Snowden überdies mit, in insgesamt 20 Staaten um Asyl nachgesucht zu haben. Im Transitbereich des Moskauer Flughafens habe er entsprechende Schreiben an einen russischen Konsularbeamten mit der Bitte übergeben, sie an die besagten Botschaften weiterzuleiten.
Unterstützung von Grünen und SPD
Neben Bolivien, Brasilien, China, Kuba, Nicaragua, Indien und Venezuela befinden sich Finnland, Frankreich, Italien, Irland, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Spanien, die Schweiz und auch Deutschland auf dieser Liste. In der Bundesrepublik machten sich neben Abgeordneten der Linken und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin jetzt auch die SPD-Politiker Lars Klingbeil und Ralf Stegner dafür stark, dem einstigen US-Geheimdienstmitarbeiter in Deutschland Asyl zu gewähren.
Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verbreitete bereits, der am Montagnachmittag eingegangene Antrag Snowdens an ihr Land sei formal falsch, da ein Asylantrag auf österreichischem Boden gestellt werden müsse. Sollte Snowden dennoch nach Österreich reisen, würde er nicht abgeschoben werden, da kein internationaler Haftbefehl vorliege, fügte sie hinzu. Ein Sprecher des polnischen Außenministeriums sagte, sein Land habe kein Interesse, dem ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Asyl zu gewähren.
Die Bundesregierung wusste nach eigenen Angaben bislang nichts von einem Versuch Snowdens, in Deutschland Aufnahme zu finden. Generell hat jeder politisch Verfolgte das Recht, in Deutschland Asyl zu beantragen. Um in der Bundesrepublik Asyl beantragen zu können, müsste der 30-Jährige zunächst entweder in die Deutsche Botschaft in Moskau gelangen oder nach Deutschland einreisen. Ohne gültige Reisedokumente ist dies sehr schwer.
Überdies würde Snowden aus Sicht hiesiger Behörden aus einem sicheren Drittland einreisen, in dem er nicht politisch verfolgt wird, was dem Asyl hierzulande entgegensteht. Sollte Edward Snowden ungeachtet dessen ein Asylverfahren in Deutschland erhalten, müssten die Behörden prüfen, ob er in seiner Heimat tatsächlich politisch verfolgt wird. Denn allein, dass die US-Behörden nach dem früheren NSA-Mann wegen Spionage und Geheimnisverrat fahnden, ist kein Beleg dafür, dass er „politisch“ verfolgt wird.
Keine zwangsläufige Abschiebung
Zentral für diese Einschätzung dürften dann Stellungnahmen von Regierungsseite sein, die die politische Lage in den USA allgemein darstellen. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, ob dem Betroffenen in seiner Heimat ein faires rechtsstaatliches Verfahren erwartet oder ein „politischer“ Prozess. Dass Deutschland die USA als Land darstellen, in denen Gegner politisch verfolgt würden, gilt als eher unwahrscheinlich.
Obwohl ein internationaler Haftbefehl gegen Edward Snowden vorliegt, müsste er allerdings bei einer Einreise in die Bundesrepublik nicht zwangsläufig mit einer Festnahme und anschließender Abschiebung in die USA rechnen. Es gebe hierfür keinen Automatismus, teilte das Bundesjustizministerium mit. Jeder Einzelfall müsse geprüft werden. Da Deutschland allerdings ein Auslieferungsabkommen mit den USA abgeschlossen hat, ist das Risiko nicht gering, dass Washington auf seine Auslieferung dringen würde. Ein Hindernis für eine Auslieferung wäre aber, wenn Snowden in den USA die Todesstrafe droht. In diesem Fall dürfte Deutschland ihn nicht an die US-Behörden überstellen.