Klaus Töpfer stellt sich Bürgerfragen in überfüllter Gethsemanekirche: Bauminister erntet Buhrufe und Applaus

Buhrufe, Pfiffe, aber auch Applaus hat Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) gestern abend in der Gethsemanekirche bei einer Veranstaltung zur Einführung des Vergleichsmietensystems im Osten geerntet. Rund 2 000 Besucher waren in das überfüllte Gotteshaus im Bezirk Prenzlauer Berg geströmt."Ick bin der Maurer Reimann! Wenn ick einen Töpfer sehe, dann stinkt es mich an. Es ist eine Schande, wie können sie so hohe Mieten verlangen", empört sich ein Mann durch das Mikrofon über den Bauminister. "Es gibt Menschen, die haben nur 500 Mark Rente", erregt er sich. Applaus brandet unter den Besuchern auf. Viele sind gekommen, um ihrem Ärger über die anstehenden Mieterhöhungen Luft zu machen. Auf Transparenten an der Kirchenempore steht "Mieten Stop!", "Wir zahlen nicht mehr" und "Löhne rauf, Mieten runter".Töpfer hat gewußt, was ihn in der Gethsemanekirche erwarten würde, daß es kein freudiger Empfang werden sollte mitten im Kiez, wo 1989 die sanfte Revolution begann. Daß er die Zeit findet, im Gegensatz zu Berlins Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), der terminlich verhindert war, halten ihm die Besucher zugute. Für sein Kommen kriegt er Applaus. Eine Mieterberaterin aus Prenzlauer Berg sagt, der Besuch sei notwendig, um sich ein Bild über die Situation der Menschen zu machen. Sie rechnet dem Minister vor, wie hoch die Haushalte schon jetzt belastet sind. Ein Drittel der Bewohner aus Prenzlauer Berg zahle bereits heute eine höhere Miete als laut Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen im Westteil zu berappen sei. Als ein anderer Mann sagt, "ich fordere Sie auf, daß die Mieten mit den Gehältern steigen", applaudieren die Zuhörer.Töpfer skizziert den Besuchern in ruhigem Ton die jetzt ausgehandelte Mietenregelung, weist auf das Wohngeld hin, das verbessert werden soll, auf Luxusmodernisierungen, die er verhindern will. Doch die Bürger hören skeptisch zu. Buhrufe und Pfiffe gellen durch das Gotteshaus, als der Minister betont, er sei der festen Überzeugung, die Mieten würden gekoppelt an das Einkommen steigen, wie es der Einigungsvertrag vorsehe. "Wenn es anders wäre, würden wir morgen eine Klage beim Bundesverfassungsgericht haben", versucht er Zweifler zu überzeugen. Doch heizt er damit die Stimmung noch mehr an, weil in vielen Haushalten die Mietbelastung höher ist als im statistischen Durchschnitt. +++