"Kleine Wunder in Athen" erlaubt begrenzte Einblicke in die griechische Ökonomie: Hübsch mit dem Holzhammer

Er ist jetzt auch schon wieder das Medienthema von gestern: der angeblich faule Grieche, der sich sein viel zu frühes Rentnerdasein von anderen bezahlen lässt. Groß war die Wut, und sie war heimlich mit Neid gepaart. Insofern macht es Filippos Tsitos in seinem aktuellen Film genau richtig: Weil sich Vorurteile ohnehin nur schwer widerlegen lassen, weist er stattdessen nach, dass so ein Leben überhaupt keinen Spaß macht.Stavros (Antonis Kafetzopoulos) ist kein Rentner, sondern betreibt einen Tabakladen, was aber auf dasselbe hinausläuft. An dem kleinen Athener Plätzchen, auf das er jeden Morgen seine Stühle stellt, gibt es noch zwei weitere Tabakhändler. Viel Konkurrenz, möchte man meinen. Sie verstehen sich aber prächtig und verbringen den Tag mit dummem Gerede. Ein Kunde ist im ganzen Film nicht zu sehen, bei diesen missmutigen Gesellen würde man auch nichts kaufen wollen. Was sie vor allem zu einen scheint, ist der patriotische Stolz auf das Grieche-Sein an sich. Ihr unverhohlener Spott gilt jenen chinesischen und albanischen Bauarbeitern, die sich vor ihren Augen den Buckel krumm schuften.Doch mit der nationalen Idylle ist es eines Tages vorbei. Da kommt Stavros nach Hause und auf seinem Sofa sitzt - ein Albaner. Die greise Mutter, die der Geschiedene zu pflegen hat, ist überglücklich und redet plötzlich fließend albanisch. Das Wort Katastrophe kommt aus dem Griechischen und beschreibt die Situation: Stavros, der aus der Form geratene Altrocker mit den langen Haaren, hat nicht nur einen albanischen Halbbruder. Er ist womöglich selbst gar kein richtiger Grieche. Sein Hellenentum ist in ernster Gefahr. Und das alles wegen eines dahergelaufenen Billigmaurers. Marengelen (Anastas Kozdine) heißt er, das steht für Marx, Engels und Lenin. Stavros weiß schon, was die Anderen sagen werden: Stavros, der Albaner.Dass ausgerechnet auf seinem Platz gerade ein Denkmal für die "Interkulturelle Solidarität" entsteht, passt da wie die Faust aufs Auge. Und derart mit dem Holzhammer gezirkelt wirkt "Kleine Wunder in Athen" in weiten Teilen. Viel mehr als ein gutgemeintes Toleranzstück kommt nicht heraus beim Angriff auf dumpfen Nationalismus und Vorurteile aller Couleur. Der Humor ist leise mit Tendenz zur Schwerfälligkeit - also von jener europäischen Machart, die selbst schon zum Klischee geronnen ist.Ganz zufällig scheint das nicht. Die EU sponsert ja nicht nur das Denkmal im Film. Regisseur Tsitos, der seit zwanzig Jahren in Berlin lebt, hat sich seinen Film mit europäischen und nicht zuletzt deutschen Geldern fördern lassen. Der Punkt ist nicht, dass man den Griechen nun auch noch ihre schlechte Laune finanziert. Beim Zeus, das hat keiner gesagt! Aber es ist schwer geworden, mithilfe des Kinos einen unvoreingenommenen und damit erhellenden Blick über die Grenzen zu werfen. Sehen wir nur noch, was wir sehen sollen? Das kann der guten Sache nicht dienlich sein.Kleine Wunder in Athen (Akadimia Platonos) Griechenl./Dtl. 2009. Regie: Filippos Tsitos, Drehbuch: Alexis Kardaras, Filippos Tsitos, Kamera: Polidefkis Kirlidis, Darsteller: Antonis Kafetzopoulos, Anastas Kozdine, Titika Saringouli u. a.; 107 Minuten, Farbe. FSK ohne Altersbeschränkung.------------------------------Foto: Diese Krise sieht jedenfalls sehr gemütlich aus.