Kolumne von Jörg Thadeusz: Was endlich mal verboten gehört

Manchmal frage ich mich, was wohl mein natürlicher Geruch ist. Wenn ich nicht so gern Parfümerieverkäuferinnen zuhören und anschließend kaufen würde. Aber auch das Deodorieren ließe. Wie würde ich riechen? Womöglich nach Bulette. Oder etwas anderem, was vorgebraten ist.

Ich traue mir jedenfalls Miefigkeit zu. Denn ich weiß, wie schnell ich mit der Verbieterei anfange. Auf der Autobahn möchte ich Audi-Fahrern das Audi-Fahren verbieten. Denn ich glaube daran, dass sich nette Menschen durch das Besteigen und Starten eines Audis in Affen verwandeln. An Bahnhöfen herrscht das „Immer mit der Ruhe“-Verbot. Keiner macht langsam. Die Kaffeeverkäuferin atmet nicht erst meine Bestellung durch. Der Mann, der mir eigentlich nur noch die Brötchentüte reichen müsste, fragt mich nicht, ob ich einen Bon haben möchte. Denn das ist Quatsch und deswegen verboten. Dann diese Urlaubsnaturen, die den Eindruck machen, sie wollten an den Wagenstandsanzeiger mitten auf dem Bahnsteig ihr Vorzelt bauen. Denen ist der Aufenthalt in Bahnhöfen zu verkehrsstarken Zeiten aber sowas von verboten. Keine Ausnahmen.

Gehört auch verboten: Oktoberfeste nördlich des Mains

Ich würde Oktoberfeste nördlich des Mains generell verbieten. Filmaufnahmen in Städten über 50.000 Einwohner sind nicht mehr gestattet. Ganz und gar verboten ist das Regeln des Straßenverkehrs in der Nähe von Filmaufnahmen durch ziegenbärtige Aufnahmeleiter-Angeber. Verboten sind aber auch die Displays in Supermärkten, die mir die Attraktivität von Schokoküssen viel zu deutlich vor Augen führen. Eigentlich würde ich auch gerne die verbiesterten Gestalten verbieten, die mir verboten haben, Schokoküsse so zu nennen, wie sie immer hießen.

Riechen Sie jetzt, was ich meine? Dieses Bratfettige? Oder ein anderes Geruchsgegenteil zu der Brise, die einen an freies Durchatmen denken lässt. Selbstverständlich möchte ich keine Bulette sein. Der einzige Trost: Die anderen sind nicht besser. Sie auch nicht. Wer mir nicht glaubt, muss nur einen Bundesparteitag der Grünen abwarten. In „Brigitte“-Deutsch verdienen die sich jedes einzelne Mal die Überschrift: „Tolle neue Verbotsideen für die nächste Vorschriftensaison!“

Wir glauben alle nicht daran, dass sich Raucher mit Nichtrauchern vereinbaren können. Deswegen gibt es ein striktes Rauchverbot. Wir glauben nicht daran, dass Wohneigentümer mit ihrem Eigentum anfangen sollten, was sie wollen. Deswegen ist in manchen Berliner Bezirken die Nobel-Sanierung verboten. Nutzung als Ferienwohnung: Wehe! Letztlich alles Kleinkram. Die Freiheit muss uns zwangsläufig schwerfallen, wenn wir eine Gemeinschaft von notorischen Verbietern sind.

Zu einer besonders empfindlichen Freiheitsfrage hing und hängt eine gehörige Buletten-Duftwolke über Deutschland. Kürzlich hörte ich im Deutschlandfunk einen jungen Bundestagsabgeordneten. Er sprach davon, in Dresden seien ihm manche Menschen „zu rechts“. Er hat es sprachlich notdürftig verborgen, aber es wurde deutlich, wie gerne er dieses “Zu-rechts-sein“ verbieten würde. Dabei gibt es in dieser Angelegenheit keine Alternative zur Frühlingsfrische. Gesinnungen dürfen eben überhaupt nicht verboten werden. Auch die nicht, die richtig stinken.