Kolumne: Was aus unserem Wissen in der digitalen Welt wird

Na, das sind ja mal wieder Neuigkeiten: Adam war gar nicht der erste Mensch auf Erden. Nein, er war ein Gott. Beim Kampf mit einem anderen Gott, einem richtigen Teufel, zog Adam den Kürzeren. Sein Feind vergiftete den Baum des Lebens, verwandelte sich in eine Schlange und biss zu. Ende mit dem göttlichen Adam, er wurde zum sterblichen Menschen. Der Sonnengott hatte aber Erbarmen und stellte ihm mit Eva eine gute Frau zur Seite. Schlecht für die Erbsünde, aber gut für uns, die Ursünde hat damit ausgedient. Und wenn wir schon dabei sind: Die angeblich kastenförmige Noah-Arche für die Sündflut war in Wirklichkeit rund. Die Bauanleitung eines babylonischen Gottes für das Schiff ist so detailliert, dass es der britische Archäologe Irving Finkel nachbauen und erfolgreich wassern konnte. Auch reißende Strömungen können diesem Kahn nichts anhaben.

Woher wir das alles wissen? Aus 4 000 Jahre alten Aufzeichnungen aus Babylonien, dem heutigen Irak. Auf weichen Tontäfelchen wurden die Mythen und Geschichten in Keilschrift festgehalten und gebrannt. Sie haben sich so durch die Zeiten bis zu Herrn Finkel erhalten, weshalb der nun auch weiß, wie man eine gescheite Arche baut.

Die Erfindung der Schrift vor rund 5 000 Jahren ist eine der größten Kulturleistungen der Menschheit. Die Ägypter entwickelten die Hieroglyphen, die sumerischen Völker die Keilschrift. Gerade haben Wissenschaftler der Uni Würzburg begonnen, Tausende zerbrochene Keilschrifttafeln einzuscannen, damit sie im Computer mit einer 3D-Methode zusammengepuzzelt und gelesen werden können. Mal sehen, welche Schlagzeilen uns da noch blühen.

Die Kunst ist noch älter. Vor mehr als 40 000 Jahren haben sich Menschen mit Bildern von Tieren und Menschen an Höhlenwänden verewigt. Diese Urgraffiti finden sich in Nordspanien und fast auf der anderen Seite des Erdballs – auf der indonesischen Insel Sulawesi. Die Technik ist offenbar bereits von den ersten modernen Menschen aus Afrika mitgebracht worden ist. Werke heutiger Höhlenmaler an Berliner Wänden können möglicherweise auch Jahrhunderte überdauern. Was aber bleibt von unseren elektronischen Bildern und Texten? Ich weiß gar nicht mehr, wann ich die letzten Fotos zu Papier gebracht habe. Eine Freundin hat gerade ihrer über 80-jährigen Mutter einen Tablet-PC geschenkt. Damit zeigt die alte Dame jetzt stolz ihre Pixelfotos herum. Wisch und weiter. Längst Alltag sind E-Book oder E-Paper.

Kürzlich erinnerte der Internet-Pionier Vinton Cerf auf der weltgrößten Wissenschaftler-Konferenz AAAS an Konrad Zuse, der 1938 in Berlin den ersten Computer der Welt gebaut hatte. Cerf befürchtet, dass das kommende Jahrhundert als „dunkles Zeitalter“ in die Geschichte der Menschheit eingehen könnte. Ähnlich der dunklen Zeit nach dem Zusammenbruch des Römischen Reichs. Falls keine Lösung zur Speicherung unseres elektronisch aufgehäuften Wissens gefunden werde, lande alles unweigerlich in einem Schwarzen Loch. „Druckt eure wertvollen Bilder aus“, rief Cerf dem Publikum im kalifornischen San Jose zu. Danke für den Rat. Aber dafür müsste ich Abertausende Aufnahmen auf meiner Festplatte durchsehen. Weder Bock noch Zeit.