Kommentar: Ein Abkommen ohne Wert
Letztlich ist es egal, ob die Verhandlungen der Bundesregierung mit Washington über ein Anti-Spionage-Abkommen nun nur abermals ins Stocken geraten sind, wie offizielle Stellen behaupten, oder tatsächlich schon abgeblasen wurden, wie die New York Times schreibt. Dieser Vertrag war ohnehin nur eine kleine Beruhigungspille für Öffentlichkeit und Politik, als die Umtriebe über die Spähaktivitäten des US-Geheimdienstes NSA publik geworden sind.
Die Empörung von damals ist längst der Ernüchterung gewichen. Dem Letzten dürfte aufgegangen sein, dass sich ein US-Geheimdienst nicht durch eine freundliche Absichtserklärung davon abhalten lässt, weltweit nach Kräften Informationen zu sammeln. Das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin ist für jeden Geheimdienst dieser Welt interessant, auch wenn die USA beteuern, es nicht mehr abzuhören. Daran kann und wird auch ein Vertrag nichts ändern.
Nein, mit ein paar Gesprächen in Washington lässt sich diese Affäre, lassen sich die tiefen Verstimmungen im transatlantischen Verhältnis nicht aus der Welt räumen. So einfach darf Berlin den großen Bruder von jenseits des großen Teiches nicht davonkommen lassen. Unter Freunden spionieren, das geht gar nicht, da hat die Kanzlerin schon recht. Nur ist es an der Tagesordnung, das sagte Merkel leider nicht. Die Kanzlerin muss Barack Obama grundsätzlich zum Umdenken zwingen − auch wenn das leichter geschrieben als getan ist.