Kommentar: Kroatien, Europa und die Stärke des Rechts
Rumänien bekam es deutlich zu spüren, Ungarn auch und nun das neue EU-Mitglied Kroatien: Europa ist mehr als ein Wirtschaftsklub, Europa ist eine Rechtsgemeinschaft. Das hat EU-Kommissarin Viviane Reding eindrucksvoll bewiesen. Unter dem Druck der EU-Kommission lenkte Kroatien am Mittwoch ein und setzte den europäischen Haftbefehl um. Damit kann der frühere jugoslawische Geheimdienstgeneral Josip Perkovic an Deutschland ausgeliefert werden.
Er soll 1983 den Mord an einem Exil-Kroaten in Bayern veranlasst haben. Drei Tage vor dem EU-Beitritt hatte Kroatiens Regierung im Juni ein Gesetz erlassen, das Auslieferungen für Taten ausschließt, die vor 2002 begangen worden sind. Reding hatte deshalb in der vorigen Woche ein Verfahren gegen Kroatien eingeleitet und gedroht Fördergelder einzufrieren.
Der kroatische Premier Zoran Milanovic hatte damals noch erklärt, sein Land lasse sich nicht zum Putzlappen machen. Reding hat nun demonstriert, dass das Recht stärker ist als starke Worte. Ähnlich selbstbewusst war sie zuvor schon gegen den ungarischen Regierungschef Viktor Orban vorgegangen, als der das Recht beugte, und ebenso gegen Rumäniens Premier Victor Ponta, der seinen Präsidenten unrechtmäßig absetzten wollte.
Viele streiten in der Krise über den Preis und die Sinnhaftigkeit der EU – das Eintreten für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ist ein eindrucksvoller Beleg für den Wert Europas.