Kommentar zum Klima-Bericht: Warum die Chance auf Rettung schwindet

Man kann die Sache positiv sehen. Noch ist es nicht zu spät. Die Zwei-Grad-Grenze bei der Erderwärmung kann noch gehalten werden. Und bezahlbar ist der Umstieg auch: Eine Einbuße von 0,06 Punkten beim jährlichen Wirtschaftswachstum erscheint verkraftbar.

Alles halb so wild also mit dem Klimawandel? Wer den Bericht des Weltklimarats so interpretiert, versteht die nüchterne Sprache der Experten gründlich miss. Ihr Szenario hat nämlich wichtige Voraussetzungen: So müssten sich alle Länder einig sein, dass sie die Treibhausgase bis zur Mitte des Jahrhunderts um 40 bis 70 Prozent drosseln.

Und die Verschmutzung der Luft mit Kohlendioxid müsste einen einheitlichen Preis haben. Davon aber sind wir weit entfernt. Zwar scheint China angesichts seiner extremen Luftverschmutzung gerade eine Sensibilität fürs Klima zu entwickeln. Aber andere Schwellenländer werden sich kaum den Energieverbrauch vorschreiben lassen – zumal die Industriestaaten mit schlechtem Beispiel vorangehen. Angesichts der niedrigen CO2-Preise erlebt die Kohle in Europa gerade eine Renaissance, und in Berlin demonstriert die Koalition bei der EEG-Reform, wie sie im Zweifelsfall Arbeitsplätzen den Vorrang vor der Energiewende einräumt. Insofern hat der Weltklimareport etwas Beunruhigendes: Die Chance zur Rettung unserer Lebensgrundlagen ist da. Aber wir sind dabei, sie zu verpassen.