Kommentar zum Tarifstreit im Berliner Kino Babylon: Ein abstruser Streit zerstört Traditionshaus Babylon
Einen deprimierenden Anblick bietet das Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz in diesen Tagen. „Deutsche wehrt Euch“ steht in Frakturschrift auf einem Plakat über dem Eingang: „Kauft nicht im Babylon“. Die Glastüren sind mit weißen Davidsternen bemalt, so wüst, als sei soeben ein Nazi-Mob vorbeigekommen. Doch es ist der Besitzer selbst, der die Fassade so verunziert hat, ein Mann mit jüdischer Herkunft.
Wer ist wirklich schuld?
Er will mit seiner Aktion auf einen Streit mit Mitarbeitern des Kinos aufmerksam machen, der seit Monaten schwelt. Diese Mitarbeiter, es sollen vier oder sieben sein, selbst darüber herrscht Uneinigkeit zwischen den Parteien, streiken um höhere Löhne. Sie tun es seit Monaten, flankiert von unschönen Auseinandersetzungen, zerstörten Plakaten, Boykottaufrufen, persönlichen Beleidigungen. Schwer zu sagen, wer an der Eskalation wirklich schuld ist.
Nun wird die Fassade des Babylon eifrig fotografiert, es gibt Absagen von Veranstaltungen, noch mehr Boykottaufrufe, Aufrufe, den Boykott zu boykottieren. Ist es Zufall oder schlechtes Karma, dass das Babylon direkt neben der Volksbühne gelegen ist, an der ja auch nicht jede Auseinandersetzung eine künstlerisch produktive ist? Ein Kompromiss ist nicht in Sicht. Klar ist bisher nur eines: Die langjährige Arbeit eines Traditionshauses droht zerstört zu werden. Das nun auch mit Hilfe einer Symbolik, die nicht mehr als ein Totschlagargument ist.