Kommentar zum Wahlausgang: Serbien erhofft zu viel von Europa
Wenn jetzt vom Wahlsieger Aleksandar Vucic als dem „neuen starken Mann Serbiens“ die Rede ist, dann schwingt darin die Furcht vor einem neuen Milosevic mit. Die Furcht ist einstweilen wenig begründet. Nicht Verehrung bringen die Serben ihrem künftigen Premier entgegen, sondern Respekt. Allein an seinen Erfolgen wird Vucic gemessen.
Die Serben wollen nach Europa; von diesem Ziel kann Vucic, so stark er auch ist, bei Strafe des Untergangs nicht abrücken. Vor allem aber erwarten sie endlich Arbeit, Wachstum, Investitionen. Vucic hat – im Gegensatz zu den immer schon pro-europäischen Demokraten – gezeigt, dass er auch wirklich liefern kann. Das hat ihm nicht nur bei den Wählern, sondern auch bei der EU-Kommission und bei westlichen Regierungen Sympathie eingetragen.
Schaut man nüchtern auf die Lage des Landes, muss man jedoch fürchten, dass der künftige Regierungschef recht bald in Lieferschwierigkeiten kommen wird. Dass Privatisierung und Deregulierung wirklich die benötigten Investitionen ins Land holen, ist keineswegs ausgemacht. Nirgends stehen Konzerne bereit, um in Serbien Fabriken zu bauen.
Auch der Leuchtturm EU verliert vieles von seiner Strahlkraft, wenn man die Nachbarländer Bulgarien, Rumänien und Kroatien in den Blick nimmt, deren Heilserwartungen sich nicht erfüllt haben. Keine schönen Aussichten.