Kommentar zur NSA-Debatte: Die Linke stößt in die Lücke
Die Linke lässt in diesen Tagen nicht locker. Der amtierenden Bundesregierung fehle offenbar der politische Wille, den NSA-Enthüller Edward Snowden nach Deutschland zu holen, sagte Parteichef Bernd Riexinger jetzt der Berliner Zeitung. Deshalb müsse der Bundestag der Bundesregierung auf die Sprünge helfen und sie per Beschluss zwingen, dem 30-Jährigen Asyl und Gelegenheit zu einer Zeugenaussage zu geben. Die Frage ist nur: Geht das?
Juristisch ist die Sache kompliziert. Die Bundesregierung hätte zwar nach Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes die Möglichkeit, Snowden einen Aufenthaltstitel zu gewähren. Dieser besagt: „Einem Ausländer kann für die Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden.
Eine Aufenthaltserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme erklärt hat.“ Doch wie man sieht, handelt es sich um eine Kann-Bestimmung, aus der auch dann keine Muss-Bestimmung würde, wenn der Bundestag mit Mehrheit dafür stimmte.
Populistisch, aber glaubwürdig
Heikel würde es, wenn der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einberuft. Dazu wird es wohl kommen – nicht zuletzt, weil auch die SPD sich schon dafür ausgesprochen hat. Der Ausschuss müsste Snowden als Zeugen laden. Der aber käme nur, wenn er auch bleiben dürfte. Darauf wiederum würde sich die voraussichtlich große Koalition mit Rücksicht auf die Amerikaner nicht einlassen. Würde der Whistleblower eine Aussage in Moskau verweigern, entstünde eine Pattsituation. Der Untersuchungsausschuss würde ohne den wichtigsten Zeugen praktisch wertlos.
Politisch hat die Linke ihr Ziel schon jetzt erreicht. Denn ohne dass die große Koalition unter Dach und Fach wäre, agiert die SPD schon so staatstragend, als wäre die Kritik am NSA-Krisenmanagement der noch amtierenden schwarz-gelben Bundesregierung nie gewesen. Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann beispielsweise sprach sich am Freitag dafür aus, Snowden zu hören, ohne das deutsch-amerikanische Verhältnis zu ruinieren. Er weiß, dass das nicht gehen wird.
Riexingers Vorstoß ist also alles in allem etwas populistisch. Er ist aber nicht weniger glaubwürdig als die Erklärungen der aktuellen und der kommenden Koalition. Dort wird Aufklärungswille nur simuliert. In Wahrheit wären die Union und mittlerweile vermutlich auch die SPD froh, wenn sie diesen lästigen Edward Snowden endlich los sind.