Kommentar zur Reparationsforderung Griechenlands: Eine moralische Frage

Die Antwort der Bundesregierung auf die jetzt genau bezifferten Reparationsforderungen aus Athen ist vorhersehbar, denn sie lautet schon seit Jahren immer gleich: Sie hält alle Fragen in diesem Zusammenhang für abschließend geklärt. Nun kann man leicht zu der Auffassung kommen, die Griechen sollten sich darauf konzentrieren, ihren Staat und ihre Wirtschaft so in Schuss zu bringen, dass es endlich vorangeht mit dem Steuernzahlen und -einnehmen, statt immer wieder alte Rechnungen aufzumachen. Doch die deutsche Gutsherrenhaltung, einen offensichtlichen Konflikt einfach für erledigt zu erklären und jedes Gespräch, jede Verhandlung darüber abzulehnen, ist angesichts der Verbrechen, die den Forderungen zugrunde liegen, auch nicht akzeptabel.

Deutschland hat auch nach dem angeblich alle Nachkriegsansprüche befriedenden Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 Sondervereinbarungen über den Ausgleich von nationalsozialistischem Unrecht getroffen, zum Beispiel in Form der Zwangsarbeiter-Stiftungen. Warum sollte sich nicht auch mit Griechenland ein solches Stiftungsmodell finden lassen, das vor allem den individuellen Opfern und ihren Nachfahren noch ein wenig Genugtuung zukommen lässt? Die heutigen Forderungen an Griechenland haben faktisch nichts mit den historischen Forderungen Griechenlands an den Besatzer Deutschland zu tun. Fiskalisch lässt sich da nichts aufrechnen. Aber die moralische Frage verdient eine andere Antwort.

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