Kommentar zur Ukraine: Die Leiche der Wahrheit

Wer wo gegen wen vorgeht, wer mit wessen Panzern unter welcher Fahne durch den Osten der Ukraine rollt, wir wissen es nicht. Die Bilder aus Slwajansk, aus Kramatorsk oder Donezk zeugen von Konfusion. Sie erfasst die Berichterstatter ebenso wie die Politik.

Wir haben kein genaues Bild der Lage, beklagte Außenminister Steinmeier schon vor Wochen und setzte sich mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln für eine internationale Beobachtertruppe sein. Inzwischen hat die OSZE sie gegen erhebliche Vorbehalte Russlands durchgesetzt. 120 Beobachter sind derzeit in der Ukraine, die alle Landesteile im Blick haben sollen, den Osten wie den Westen.

Wenn es irgendwo in dieser Gemengelage einen verlorenen Posten gibt, dann ist es ihrer! Derweil tobt um den Osten der Ukraine eine beispiellose Propagandaschlacht. Das russische Staatsfernsehen kann in diesem Kampf noch deutlich mehr Geländegewinne verzeichnen als die (möglicherweise) russischen Spezialkräfte bei der Unterstützung der Separatisten.

Inzwischen wird selbst das Personal knapp: Ein und derselbe Andrej Petchow muss auf verschiedenen Kanälen wahlweise als Finanzier der ukrainischen Nationalisten oder als ihr trauriges Opfer posieren. Dass die Wahrheit im Krieg immer von der ersten Kugel getroffen wird, ist eine alte Weisheit. Doch dieser Fall ist besonders: Hier muss ihre öffentlich zur Schau gestellte Leiche als Kriegsgrund herhalten.

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