Anne Will zu G20: Olaf Scholz in der Kritik wegen Ausschreitungen beim Gipfel
Schon weit vor dem fatalen G20-Gipfel in Hamburg und der Anne Will-Sendung am Sonntagabend waren die Zweifel unter den Deutschen groß, ob Veranstaltungen dieser Art noch Sinn machen. Nach der Sendung ist die Antwort klarer denn je: Nein. Dass etwa zehn der 60 Sendungs-Minuten einer technischen Störung zum Opfer fielen, wirkte da geradezu symptomatisch.
Im ersten Teil ging es um die brutalen Ausschreitungen. Und man darf sagen: Der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sah dabei nicht gut aus. Denn Jan Reinecke vom Bund Deutscher Kriminalbeamter kritisierte, die Herausforderungen seien wegen der Masse an Gewalttätern von Anfang an nicht zu meistern gewesen; mehr als die eingesetzten 20.000 Polizisten „hat Deutschland nicht zu bieten“. Überdies habe die erste politische Priorität dem Schutz der Gipfelteilnehmer gegolten. Ähnlich hatte sich zuvor Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer geäußert mit dem Satz, man müsse Sachbeschädigungen an der Peripherie womöglich hinnehmen.
Altmaier: Ausbruch von Gewalt sei unvorstellbar gewesen
Nun darf man fragen, warum Polizisten das nicht schon vorher kundgetan haben. Offenkundig war, dass Scholz dem wenig entgegenzusetzen hatte. Darauf deutete schon der defensive sprachliche Duktus hin. Der Sozialdemokrat formulierte: „Das ist nicht meine Einschätzung der Lage.“ Im Übrigen sei seine mittlerweile berühmte Vor-Gipfel-Formulierung „Es wird Leute geben, die sich am 9. Juli wundern werden, dass der Gipfel schon vorbei ist“, aus dem Zusammenhang gerissen worden. Ja, Scholz räumte ein: „Kann sein, dass wir keine wirklich einfachen Antworten haben werden.“
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) bekannte: „Ich hätte mir so einen Ausbruch von Gewalt nicht vorstellen können.“ Tatsächlich hatten die Sicherheitsbehörden seit Wochen mit Krawallen ebenso sicher gerechnet wie mit der Anreise tausender militanter Linksextremisten aus dem europäischen Ausland. Die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt erklärte unterdessen: „Wenn man nicht mehr gewährleisten kann, dass die Bewohner dieser Stadt sicher sein können, muss man sich die Frage stellen: Ist das der richtige Austragungsort – ja oder nein?“ Die Frage lag auf der Hand: Nein.
G20-Gipfel ohne Gewalt – geht das?
Anschließend wollte Will wissen, ob solche Gipfel ohne Krawalle noch Sinn machen. Die Antwort gab der ehemalige US-Botschafter John Kornblum, beileibe kein linker Idealist. Sie lautete ebenfalls: Nein. „Ich würde solche Mammutveranstaltungen nicht mehr machen“, so Kornblum. „Die Politik muss andere Transmissionsriemen finden.“ Wenn es obendrein noch Gewalt gebe, „wird die ganze Sache in Verruf gebracht“. Der WDR-Journalist Georg Restle monierte, es könne nicht sein, dass man wie in Hamburg über Terror spreche und am Tisch sitze ausgerechnet Saudi-Arabien. Wenn man schon über Terror spreche, dann gehörten mindestens noch der Iran und Israel dazu.
Scholz konterte zwar: „Wir müssen mit allen immer weiter reden.“ Altmaier schloss sich dem an. Die Welt sei „aus den Fugen“, warnte er. Und: „Dass wir miteinander reden, statt aufeinander zu schießen, halte ich für absolut notwendig.“ Nur: Argumente für ausgerechnet dieses Format waren das nicht. Göring-Eckardt stellte schließlich mit Blick auf den Umstand, dass Donald Trumps Tochter Ivanka zeitweilig mit am Verhandlungstisch saß, fest: „Mir fällt es schwer, das alles noch ernst zu nehmen.“ Die Grüne hatte einen starken Auftritt. Doch sie hatte es – anders als die Vertreter der Exekutive, Scholz und Altmaier – in der Sache auch am leichtesten.
Den besten Vorschlag hatte einer, der gar nicht im Studio saß, aber zitiert wurde: der einstige Linksfraktionschef Gregor Gysi. Er hatte angeregt, derartige Treffen künftig am Sitz der Vereinten Nationen in New York stattfinden zu lassen.
Die Mehrheit der Deutschen dürfte dies gewiss gut heißen. Vor allem die in Hamburg.