So schön ist der Karneval in Berlin
Ja, auch in Berlin gibt es Karneval. Die schönsten Momente hat unser Autor Anselm Neft in der Kolumne „Finde den Fehler“ aufgeschrieben.

Viele halten Köln, Düsseldorf oder gar Mainz für die Hochburg der fünften Jahreszeit. Tatsächlich aber hat Berlin diesen närrischen Käffern im Laufe der Jahre klammheimlich den Rang abgelaufen. Heute, am Fastelovend 2023, lässt sich für Berlin glasklar sagen: Nirgendwo ist die Stimmung ausgelassener, der Schunkelfaktor höher, die Vielfalt der Kostüme beeindruckender. Wir präsentieren die tollsten Momente aus diesem Hexenkessel der guten Laune.
Donnerstag, 16. Februar: Der ukrainische Karnevalspräsident Voldemort Selinskyj eröffnet mit einer feurigen Büttenrede per Videoschalte die Session. Manche munkeln, der Comedian müsse sich längst in etliche Horkruxe aufgeteilt haben, so oft erscheint er mittlerweile weltweit auf den Bildschirmen. Die Närrinnen und Narren im Carnevale-Palast sind begeistert. Nur ein paar als Pazifisten verkleidete Putintrolle ziehen humorlose Fressen, was aber auch Teil ihrer Verkleidung sein mag. Es sind ohnehin andere Kostüme, die hier Aufmerksamkeit erregen: Alle voran Sean Penn als „Hexe Schrumpeldei“, Claudia Roth als Heißluftballon und Franziska Giffey als allseits beliebte SPD-Politikerin.
Auch dieses Jahr fällt der Karnevalsumzug auf dem Kurfürstendamm aus
Samstag, 18. Februar: Heute steigt die größte Karnevalsparty der Stadt in einer Schrebergartenhütte in Rixdorf. Unter dem Motto „Lieba´n bissken mehr, aba dafür wat jutet!“ schunkeln sich die „Fidelen Rixdorfer“ (Berta Engels, Rudi-Cicero Bokowski und Peter Dinklage) mit Molle mit Mampe in den Ausnahmezustand. Als Grundlage dienen den entfesselten Laubenpieper*innen Järtnawurscht und Moppelkotze aus eigenem Anbau. Dinklage gibt sich erst spät als gut verkleideter Star aus Game of Thrones zu erkennen, aber da interessiert es längst niemand mehr.
Sonntag, 19. Februar: Auch dieses Jahr fällt der traditionelle Karnevalsumzug auf dem Kurfürstendamm aus. Ein großes Glück, wie viele Karnevalist*innen meinen. Denn statt steriler Festwagenfolklore mit Songs von Retortenbands ist nun mehr Raum für den original Berliner Straßenkarneval mit seinen Lappenclowns, Scherzkeksen in Polizeiuniform und als Touristen aus Traben-Trarbach verkleideten Alkoholikern aus Witzleben.
Unter lautem „Heijo!“ bilden sich spontan Polonaisen, schlagen Funkemarieche Rad, kotzt mancher vor Freude Konfetti in die Rabatten. Karnevalstourist Dirk Schwickendick aus Köln-Nippes fühlt sich pudelwohl: „Dat is jenau der Fasteleer, denn de in Köln nisch mehr findest! Allet nur noch kommerzjiell und voll mit schwäbischen Sextouristen.“ Das sieht auch Anke Vögle (Sextouristin aus Stuttgart-Degerloch) so: „Hir muss i koi Krawadda abschneida, Küsse verdeila ond bscheierde kölnische Liedr singa, wenn i mol gbflegd gebumschd werda will. 50 Euro ond guad isch, weisch?“
Der Berliner Karneval war und ist mal wieder ein voller Erfolg
Dienstag, 21. Februar: Der Rosenmontag ist vorbei, der Aschermittwoch noch nicht da. Klar ist jetzt schon: Der Berliner Karneval war und ist mal wieder ein voller Erfolg. Das liegt auch an der vitalen Karnevalsmusik-Szene der Hauptstadt. Es müssen eben nicht immer Brings, Bläck Fööss oder de Höhner sein. Schmissige Hampelnummern mit promilletauglichen Texten gibt es auch von der Berliner Kult-Combo The BossHoss, die jede Faschingssause mit frivolen Hits wie „Tanz den Boogie“, „Zwo Bros“ oder „Batallion der Hengste“ zum Kochen bringt.
Für die großen Schunkelmomente im Lall-und-Stopler-Modus sorgen vor allem die Jecken von Rosenstolz (unvergessen etwa „Ich bin ich, du bist du, Müllers Esel, Lehrers Kuh“ oder „Gib mir Capri-Sonne – Ich hab Brand!“) und natürlich der Berliner Karnevalsprinz Anis-Fenchel Bushido, der allerdings dieses Jahr wegen Blackfacing abgemahnt wurde. Oder wegen Duckfacing, das stand bei Drucklegung dieses Artikels noch nicht fest.
Sicher ist nur eins: Nächstes Jahr zampern wir wieder mit. Heijo!
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