Antisemitismus-Doku: Arte und WDR wollen nicht gegen "Bild"-Veröffentlichung klagen

Die vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) produzierte Dokumentation über Antisemitismus "Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa" ist nun auf Youtube zu sehen.

Nachdem die für den öffentlich-rechtlichen Sender Arte produzierte Doku von dem Sender abgelehnt wurde, hatte bild.de die Doku am Dienstag 24 Stunden lang gezeigt. Mehrere Youtube-Nutzer haben die Doku von Joachim Schroeder und Sophie Hafner nun auf der Video-Plattform hochgeladen.

Arte leitet keine rechtlichen Schritte ein

Wie bild.de die Dokumentation erhalten hat, weiß die Arte-Sprecherin Claude-Anne Savin nicht. Gegenüber der Berliner Zeitung sagte Savin am Mittwoch, der Produzent der Dokumentation, Joachim Schroeder, habe den Link zum Film "vielen Leuten zur Verfügung gestellt". Schroeder selbst hatte sich überrascht von der Aktion gezeigt. Rechtlich werde Arte nicht gegen die Veröffentlichung der Dokumentation vorgehen. "Das können wir auch nicht", sagt Savin. Der Vertrag bestehe nicht zwischen den Produzenten und Arte, sondern zwischen den Produzenten und dem WDR. Auch der WDR hat keine Pläne, rechtliche Schritte einzuleiten.

Vorwurf der mangelnden "Ausgewogenheit"

Hinter der Entscheidung, den Film nicht auszustrahlen, steht laut dem Historiker und Kolumnist der Berliner Zeitung Götz Aly der Arte-Programmdirektor Alain Le Diberder. Begründet werde das mit dem „negativen Votum der französischen Mitglieder der Programmkommission“. Von dem Gremium sei vor allem die mangelnde „Ausgewogenheit“ der 90-minütigen Produktion beanstandet worden. Der WDR erklärte daraufhin in einer Pressemitteilung, es gebe im Film zahlreiche Ungenauigkeiten und Tatsachenbehauptungen, bei denen die „Beleglage“ erst nachvollzogen werden müsse.

Arte reagierte gefasst

Dass die redaktionelle Abnahme im WDR offenbar nicht den üblichen in dem Haus geltenden Standards genüge, bedaure man. Derzeit werde dies intern aufgearbeitet. Der WDR habe ein großes Interesse, die Dokumentation zu veröffentlichen, sofern die darin getroffenen Behauptungen und Informationen belegt und journalistisch sorgfältig geprüft seien.

In einer Presseerklärung hatte Arte auf die Veröffentlichung der Dokumentation auf bild.de reagiert. Man habe zur Kenntnis genommen, dass bild.de den Film in eigener Verantwortung online gestellt habe. Auch wenn diese Vorgehensweise befremdlich sei, habe Arte keinen Einwand, dass sich die Öffentlichkeit ein eigenes Urteil über den Film bilden könne.

Durch eine nachträgliche Ausstrahlung der Doku wolle der Sender diese jedoch nicht legitimieren, da er gravierend von dem ursprünglich verabredeten Sendungskonzept abweiche.

Die Filmemacher scheuen sich in der Dokumentation nicht, Unterstützer von Israel-Boykotte-Kampagnen zu kritisieren. Sie zeigen unter anderem auch auf, dass antisemitische Demonstrationen in Berlin und Paris oder Anschläge auf Synagogen nicht verstanden werden können, wenn man nicht auch den Hintergrund, also die Auseinandersetzungen in Gaza und im Westjordanland, thematisiert. Arte hatte jedoch gefordert, in der Doku den Antisemitismus in europäischen Ländern vorzuführen, nicht im nahen Osten.