ARD-Krimi „Zorn – Tod und Regen“: Nicht nur im Bett eine Niete
Wenn ein Romanautor „Es regnet“ ins Manuskript schreibt, kann das bei der Verfilmung seines Buches ziemlich teuer werden. Stefan Ludwig hat in seinem Erfolgkrimi „Zorn – Tod und Regen“ den Spielort Halle praktisch unter Wasser gesetzt. In seinem gleichnamigen Buch regnet es Bindfäden und hagelt es Tote. Das örtliche Gasometer fliegt in die Luft, die Marktkirche sackt in sich zusammen. Papier ist eben geduldig.
Für die Verfilmung musste deshalb an etlichen Stellen einen Gang heruntergeschaltet werden. Auch aus Gründen des Jugendschutzes ist der Fernsehfilm „Zorn – Tod und Regen“ nun nicht mehr ganz so radikal wie die Papiervorlage: Sätze wie „Es dauerte drei Stunden, bis sie den Verstand verlor, und weitere zwei, bis sie endlich sterben durfte“, mit denen der Verlag zum Lesen des Bestsellers animiert, müssen für die Primetime entschärft in Szene gesetzt werden.
So hat Regisseur Mark Schlichter, der gemeinsam mit Stefan Ludwig die Fernsehfassung schrieb, einen Genrekrimi abgeliefert, der sich so mir nichts, dir nichts weggucken lässt. Kameramann Benedict Neuenfels hat die seelische Verregnung der Hauptfigur stimmungsvoll in düstere, aber nie trostlose Bilder überführt. Mit Katrin Bauerfeind als sexbegeisterte Sekretärin und Katharina Nesytowa als mysteriöse Fahrstuhlbekanntschaft spiegelt sich Zorns Schüchternheit und Melancholie an zwei interessanten Frauenfiguren. Aber vieles, das dem Zuschauer eigentlich besonders auffallen sollte, verschlenzt sich zwischen all den Üblichkeiten, die man im Fernsehkrimiland Deutschland nur zu gut vorhersehen kann: Natürlich ist der dickliche Assistent in Wahrheit der bessere Kommissar. Selbstverständlich wird Kommissar Zorn (Misel Maticevic) dann doch noch ehrgeizig, nachdem ihm sein Chef so überdeutlich zu verstehen gab, dass man ihm den Fall nur aus einem Grund übergab: Niemand traut dem faulen Zorn zu, dass er den Mörder kriegt.
Wäre „Regen und Tod“ nicht inzwischen der xte Krimi mit einem vom Beruf ausgebrannten Ermittler, die Freude an der untypischen Hauptfigur wäre sicher größer. Claudius Zorn ist nämlich nicht nur wesentlich mehr auf seinen pünktlichen Feierabend als auf eine gute Fangquote bedacht, er ist auch im Schwimmen eine Niete und im Bett eine Enttäuschung. Er ist ein fauler, lethargischer Unsympath. Misel Maticevic spielt diese Schattenseite seiner Figur aber seltsam unüberzeugt. Umso mehr Gas gibt der Berliner Tausendsassa Axel Ranisch als Zorns Assistent Schröder. Ranisch, der im letzten Jahr mit gleich zwei Filmen als talentierter Nachwuchsregisseur auf sich aufmerksam machte, zeigt als Schauspieler die typischen Debütantenqualitäten: Er gibt immer ein „Huhu, hier bin ich“ zu viel ab.
Der Sendeplatz am Donnerstag war über lange Jahre ein wenig konturierter Sammelplatz. Seit ARD und ZDF ihr Abkommen aufgekündigt haben, sich im Fernsehfilmbereich nicht ins Gehege zu kommen, hat der Zuschauer am Mittwoch oft die Wahl zwischen Sozialkritik im Ersten oder Kurzweil im Zweiten. Die ARD-Produktionstochter Degeto dehnt ihr Wohlfühlangebot nun vom Freitag auch auf den Donnerstag aus. In diese Strategie ist „Zorn – Regen und Tod“ bestens eingepasst. Leidlich gruselige Tatortbilder mischen sich mit launigen Humorinseln, deren Gags niemandem im Halse stecken bleiben. Wenn Zorn seinen Adlatus in eine „coole Bar“ beordert, dann versteht Schröder „schwule Bar“ und schminkt sich wie eine Tunte, bevor er den Dienst antritt.
Dass „Zorn – Regen und Tod“ im Mittelmaß steckenbleibt, ist nicht passiert, sondern gewollt. Die Romanvorlage hatte es in jeder Weise leichter. Nicht nur, weil sie auf keine Sendeplatzeinschränkungen und Kostengrenzen Rücksicht nehmen muss. Sondern auch, weil sie sich nicht so gefällig zeigen muss wie ein Donnerstagsfilm.
Zorn – Tod und Regen, Donnerstag, 20.15 Uhr, ARD