„Attraction“: Digitales Katastrophenkino aus Russland

Die „Attraction“-Filme von Fjodor Bondartschuk jonglieren mit Hollywood-Klischees. Und zwischen einem Menschenmädchen und einem Außerirdischen bricht die Liebe aus.

Berlin-Sergej Bondartschuk war in der Sowjetunion ein namhafter Schauspieler, Regisseur und Filmfunktionär; mit „Krieg und Frieden“ oder „Waterloo“ drehte er die teuersten Filme der Breshnew-Ära. Sein 1967 geborener Sohn Fjodor tritt in seine Fußstapfen: Wie der Vater arbeitete er erst als Schauspieler und inszeniert inzwischen veritable Blockbuster, meist Kriegs- und Science-Fiction-Filme. 

Vorsichtig dem Unbekannten entgegen: Szene aus "Attraction 1".
Vorsichtig dem Unbekannten entgegen: Szene aus "Attraction 1".Foto: Capelight Pictures

Seine neuesten Kreationen sind „Attraction“ und die Fortsetzung „Attraction: Invasion“. Ein außerirdisches Raumschiff gerät über der Erde in einen Meteoritenschauer, die Steuerung versagt, das Schiff muss notlanden. Im Moskauer Stadtteil Tschertanowo rasiert das Ufo ungebremst Dutzende Hochhausdächer ab; der Zuschauer soll sich an den 11. September in New York erinnert fühlen.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Bondartschuk fährt alles auf, was das Genre verlangt: Angst vor dem Ungewissen, Hysterie, militärische Gegenwehr. Im Zentrum aber steht ein vorsichtig erotisches Märchen mit Tod und Wiederauferstehung: Julia, die Tochter des Moskauer Kommandanten Lebedew, der mit der Abwehraktion betraut ist, lernt den geschmeidigen Außerirdischen Hakon kennen, und die Liebe bricht aus.

"Wir brauchen keine Fremden!"

Währenddessen schlüpft ihr eifersüchtiger Freund Tjoma in die künstliche Haut der Fremdlinge, entwickelt dabei ungeahnte Kräfte und hangelt sich wie Spiderman an Wolkenkratzern entlang. Er ist es auch, der deklassierte Moskauer Jugendliche aufputscht. „Wir brauchen keine Fremden!“, wird da in rassistischer Manier gegrölt. Und: „Das ist unsere Erde!“ Das Filmmärchen mutiert zur politischen Parabel. Nebenbei vermittelt „Attraction“ noch ein bisschen Allgemeinbildung über Abgründe der Menschheitsgeschichte.

Hakon darf seine Mission erklären: Seine Zivilisation schickte ihn aus, um zu untersuchen, ob eine Verständigung mit den Erdenbewohnern möglich sei. Zweifel waren angebracht. Immerhin, so teilt der Film mit, hätte es auf unserer Welt in den letzten 5000 Jahren mehr als 15000 große bewaffnete Konflikte mit vier Milliarden Toten gegeben. Ob die Zahlen stimmen: Ich weiß es nicht. Ginge es so weiter, geben die Außerirdischen der Erde nur noch 600 Jahre bis zum Untergang.

Ein russischer Militärstratege rettet die Welt

Auch der zweite Teil spielt mit realen Ängsten. Weil die Erdenbewohner dem Geheimnis des fremden Lebens auf die Spur kommen, schaltet dessen System automatisch auf Angriff: Die künstliche Intelligenz aus dem All startet einen Cyberkrieg gegen Moskau; die Metropole droht in riesigen Wasserfluten unterzugehen. Digitales Katastrophenkino, das geschickt mit Hollywood-Stereotypen jongliert. Tröstlich bleibt: Menschliche Geistesgegenwart siegt über die eiskalte Technik. Und ein russischer Militärstratege rettet die ganze Welt.

Attraction 1 und 2 Russland 2017/19, R: Fjodor Bondartschuk, 17,41 und 14,99 Euro (BluRay)