Ausstellung in Berlin: Kunstverein OST erinnert in Bildern an den Palast der Republik
Berlin - Seltsam, ich muss in dieser kleinen, bilddichten Ausstellung über den Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung abgerissenen Palast der Republik sehr an Franz Kafka denken, an dessen sarkastischen Spruch: „Das eigentlich charakteristische dieser Welt ist ihre Vergänglichkeit.“
Die Fotos, Filme und Objekte, die im Ausstellungsraum des Kunstvereins Ost hängen, laufen und ausliegen, bestätigen die Feststellung des Sprachmeisters des Absurden und Vertrackten. Und im Falle des zu DDR-Zeit beliebten und vielbesuchten, von Spöttern aber auch gern „Palazzo del Prozzi“ oder „Erichs Lampenladen“ genannten Groß-Kulturhauses darf und sollte man schon ein wenig über Vergänglichkeit, auch über Absurdes in der Gesellschaft und deren Ideologien sowie politische Wechselfälle philosophieren dürfen.
Auf dem Abrissgelände, einst Marx-Engels-Platz, heute wieder Schlossplatz, ersteht seit 2013 das in der frühen DDR auf Befehl von Walter Ulbricht in symbolpolitischer Absicht gesprengte Hohenzollern-schloss als Großmuseum namens Humboldt-Forum wieder neu. Zahllose Menschen aus nah und fern, gerade auch aus der westlichen Hemisphäre, hatten gegen den vom Deutschen Bundestag beschlossenen Palast-Abriss demonstriert, Petitionen unterschrieben, heftig diskutiert. Vergebens.
Palast der Republik: „Erinnerungsarbeiten“ von acht Künstlern im Galerieraum vom Kunstverein Ost zu sehen
Das Palastende war beschlossen, die Bagger und Kräne rollten an. Die Kunstwerke aus dem Haus landeten im Depot des Deutschen Historischen Museums, die Dokumentationen in Archiven, das Mobiliar, Restaurant-Geschirr und anderes Beiwerk auf dem Trödel.
Die Rede vom Denkmalsturz machte die Runde durch die Welt. Auch die „letzte Ölung“ des entkernten Baukörpers durch eine sensationelle Kunstschau, die weithin sichtbaren Lettern ZWEIFEL auf dem Dach und die spektakuläre Flutung der mächtigen Bauwannen, in denen Besucher in Booten Abschied nahmen vom Haus, hielten die endgültige Schleifung nicht auf.
Das Asbest-Argument war stärker als der Protest und die Forderungen nach Sanierung oder Erhaltung. 2008 gab es den Volkspalast nicht mehr. Über eine grüne Rasenfläche an der Spree wehten nur noch die Erinnerungen. Damit zurück zum Gedanken an die Vergänglichkeit und das Kafkaeske so mancher Situation um den Palast der Republik.
Im Galerieraum vom Kunstverein Ost sind „Erinnerungsarbeiten“ von acht Künstlern und Dokumentalisten zu sehen. Gerd Danigel hatte um 1980 Palastbesucher aller Generationen fotografiert, wie sie sich im Haus bewegten, wie sie es bestaunten und benutzten, es sich „aneigneten“, so wie die Halbwüchsigen, die sich im Foyer genießerisch auf den roten Ledersofas fläzten.
Fast zum Architektur-Memorial machte der Fotokünstler Thomas Florschuetz das bis aufs Stahlskelett ausgeweidete Bauwerk und macht so das Potenzial der Haus-Konstruktion deutlich, die man, so die Meinung nachhaltig Denkender, in die Schloss-Rekonstruktion hätte einbeziehen können.
Ausstellung über den Palast der Republik: Nostalgie kommt nicht auf
Anrührend ist ein fast liebevoller, von absurden Situationen durchzogener Film über den Hausmeister des Palastes, der noch Jahre nach der politischen Wende seit 1989/90 ein „Geisterschloss“ instand hielt. „Der Hausmeister und sein Palast“ von Arpád Bondy und Margit Knapp zeigt den Mann in seinem blauen Nylonkittel mit dem Handwerks-Wägelchen. Er fährt durch die Bildergalerie, auf obigem Foto gerade vorbei an der riesigen Leinwand, die der ausgewiesene Berliner Zeichner Arno Mohr bemalt hatte. Der Malstil wirkt neusachlich und zugleich pathetisch. „Forscht, bis ihr wisst“ ist ein recht symbolisches Bildwerk, die Ansprache eines bärtigen weisen alten Mannes an die Jugend. Man könnte an Galileo Galilei denken.
Wie gesagt, man muss in dieser Ausstellung von KVOST viel assoziieren. Gerade dies: dass auch Architekturen mit symbolischem Gehalt der Gefahr eines politischen Bildersturms – dereinst seit der Reformation religiös begründet – unterliegen.
Nostalgie kommt in dieser Ausstellung nicht auf. Doch wer womöglich schon die große derzeitige Schau über die Palast-der-Republik-Geschichte in der Rostocker Kunsthalle, Titel: „Utopie, Inspiration, Politikum“, gesehen hat, erlebt in Berlin-Mitte nun den kleinen Satelliten.