Beatsteaks in der Wuhlheide in Berlin: Die Beatsteaks und ihre charmante Publikumsunterwerfung
Seit 20 Jahren erzeugt das Berliner Quintett Beatsteaks autoreklametauglichen Stadionpunkrock, am Wochenende feierte die Band ihr Jubiläum mit zwei ausverkauften Konzerten auf der Freilichtbühne in der Wuhlheide. Als Party-Aufwärmer am Freitag hatten die Beatsteaks mit den herrlich prolligen Sex-Poeten Wanda sowie den ebenfalls textbegabten jungen Youtube-Stars AnnenMayKantereit zwei auf deutsch singende Gruppen eingeladen, deren Inhalte dem hier schreibenden Autor weitaus interessanter schienen als die in diffusem Euro-Englisch gebrüllten Stadion-Parolen der Gastgeber. Doch bei den Beatsteaks geht es eben vor allem um die Party, und das Partymachen in Konzertform meistern sie gut.
Es ist eben auch eine Kunst, die Unterwerfungsmechanismen eines Arena-Events derart zu gestalten, dass die begeistert sich unterwerfenden Massen nicht allzu sehr an mitmachende Untertanen bei Propaganda-Veranstaltungen diktatorischer Regimes erinnern. Die Beatsteaks schaffen dies ganz einfach: indem sie nette Jungs von nebenan sind, die sich etwa für Imperfektionen beim Auftritt nicht zu schade sind. So gelang manches Lied nach falsch gespieltem Intro erst im zweiten Anlauf, was auf der Bühne und im Publikum für Heiterkeit sorgte.
Enthusiastisches Humpeln ohne Gehstock
Sie spielten alle ihre von Punk, Reggae und Rock-Rap-Crossover-Rhythmen beeinflussten Hits wie „I don’t care as long as you sing“ oder „Hello Joe“. Zu Beginn ihrer aktuellen Single „Gentleman of the year“ zitierte Sänger Arnim Teutoburg-Weiß prägnante Momente der Popgeschichte; im zweiten Teil des Stücks breakte ein Breakdancer über die Bühne. Teutoburg-Weiß saß zu Beginn des Konzerts aufgrund eines Bänderrisses auf einem Bürodrehstuhl, doch schon bald humpelte er enthusiastisch die Seitenrampen auf und ab. Selbst sein Gehstock war dann verschwunden!
Begeistert berichtete er dem Publikum, wie er im Jahr 1992 hier in der Wuhlheide einem Konzert von Iggy Pop, Suicidal Tendencies und Rage Against The Machine beigewohnt und wie dies ihn zum Musikmachen animiert habe. Hier animierte nun seine Band das Publikum pausenlos zum Mitsingen und -tanzen, sprühte Wasser aus einem Gartenschlauch ins Auditorium und schien sich ehrlich über die Resonanz zu freuen.
Zurück zu den Vorgruppen. Trotz erdrückender Hitze trug Marco Michael Wanda, der Sänger des Wiener Quintetts Wanda, natürlich sein Markenzeichen: eine äußerst hässliche, abgewetzte braune Lederjacke. Das Hemd darunter war indes aufgeknöpft; seine Erscheinung reflektierte so stimmig die versoffene Romantik von Wandas wienerisch intonierten Lebensabgrundshymnen über Verzweiflung und schmierige Liebe – wie im vielen Lesern sicher bekannten Cousin-Cousine-Sex-Hit „Bologna“. AnnenMayKantereit aus Köln hingegen sangen sehr ernsthaften Straßenmusikpop über die Schmerzen des Jungseins, besonders Sänger Henning May imponierte als eine Art cleaner, junger Tom Waits für die Generation Smartphone. Sie waren sehr nett und bescheiden – allerdings musste ihr Tourbassist sein Gerät selber auf- und abbauen, während die anderen drei dafür Roadies hatten.