Frage an den Paartherapeuten: Was verbindet uns, wenn nicht Kinder?
Sie fragen, unser Mann für die Liebe antwortet. Diesmal: Wie stellt man ohne Kinder Verbindlichkeit und Nähe her?

Valeria, 42: Lieber Herr Lenné, ich bin in einem Alter, in dem ich wohl keine Kinder mehr bekommen kann. Bisher hatte ich bei Männern, die ich neu kennengelernt habe, immer die Erwartung, dass eine Beziehung am Ende auf Kinder hinausläuft, aber es hat nie richtig geklappt. Jetzt, wo ich davon quasi frei bin, habe ich jemanden kennengelernt, mit dem ich eine ziemlich lose Beziehung führe. Wir schreiben uns alle paar Tage, es gibt kaum Regelmäßigkeit. Ich denke oft an die verpasste Chance, traue mich aber nicht recht, das anzusprechen. Ich habe Angst, enttäuscht zu werden. Wohin soll das führen? Wie können wir unsere Bindung stärken?
Liebe Valeria, da haben Sie es als Frau schwerer als wir Männer. Wir können, wenn es dann noch unbedingt sein muss, bis ins hohe Alter Kinder zeugen. Ob wir die Kinder dann noch hoch auf den Arm nehmen können, ist eine andere Frage. Bei Ihnen beginnt jetzt eine andere Zeit. Sie nehmen Abschied von dieser sehr direkten Art der Fruchtbarkeit und Bindung, die über die Kinder so sinnstiftend und einfach entstehen kann. Sie sind einerseits freier, können sich treffen oder auch nicht – kein Kind zwingt Sie in eine gemeinsame Wohnung, einen gemeinsamen Takt, ein gemeinsames Leben.
Ohne Kinder spürt man das eigene Zögern mehr
Andererseits müssen Sie nun mehr auf Ihre eigenen Sehnsüchte lauschen. Sie müssen Ihre Ohren nach innen öffnen, die eigenen Stimmen suchen, die Ihnen sagen, wann und wie sie sich treffen wollen. Eine Liebesbeziehung ohne „störende“ Kinder ist scheinbar freiwillig. Aber ohne die „verbindenden“ Kinder werden Sie auch Ihre eigene Zögerlichkeit, sich tiefer einzulassen, mehr spüren. Das sind diese Stimmchen, die vielleicht sagen: „Och, warum treffen?“ Oder: „Ich habe zwar Sehnsucht nach ihm, aber wenn er dann da ist, weiß ich nichts mehr so recht mit ihm anzufangen.“ Oder: „Nach dem Sex fühle ich mich irgendwie traurig. Ich will dann, dass er für immer bleibt, aber ich will auch wieder meine Ruhe haben.“ Das sind alles Sätze, die Ihre persönliche Hin- und Hergerissenheit ausdrücken können.
Sie haben eine gute Chance, die Verbindung zu ihm zu vertiefen, wenn Sie mit ihm über Ihre Scheu und Ihre Zweifel sprechen. Will er sich nicht tiefer auf Sie einlassen, wird er das dann wahrscheinlich äußern, und Sie können sich neu ausrichten. Sie können den roten Teppich ausrollen und ihn noch eine Weile einladen, oder Sie können gehen. Vielleicht hängt er aber auch ähnlichen Gedanken nach, und er findet ebenfalls nicht den Mut, diese mit Ihnen anzusprechen. Finden Sie es heraus!
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