Berlin literarisch: Mit Michael Bienert und Irmgard Keun an der Gedächtniskirche
Den Text der Stadt liest Michel Bienert, macht Führungen und schreibt Bücher, das jüngste über Irmgard Keun. Wir laufen mit ihm ihre Wege ab.

Berliner Zeitung/ Benjamin Pritzkuleit
Berlin-„Oft erzähle ich ins Unsichtbare hinein“, sagt Michael Bienert und weist auf die im Wind rauschenden Birken. Wir stehen in einer Charlottenburger Hinterhoflandschaft, über flachen Garagen strecken die Bäume ihre Äste in eine luftige Leere, in der sich bis zum 16. Februar 1944 das Gründerzeithaus Roscherstraße 16 befand. „An diesem Abend hatte Erich Kästner am Anhalter und dann am Görlitzer Bahnhof nach seiner Mutter gesucht, die ihm – wegen Paketsperre – das Wäschepaket aus Dresden persönlich vorbeibrachte.“ Mutter und Sohn fanden sich – aber für die Wäsche gab es keinen Schrank mehr. Das bombardierte Haus, in dem Kästner 14 Jahre gelebt hatte, brannte vor beider Augen nieder: „Dreitausend Bücher, acht Anzüge, einige Manuskripte, sämtliche Möbel, zwei Schreibmaschinen, Erinnerungen in jeder Größe …“ verzeichnete Kästner lapidar seine Verluste.