Bild-Interview mit Donald Trump: Gedankensprünge aufgezeichnet

Köln - Das Interview, das Donald Trump der „Bild“-Zeitung gegeben hat, ist das, was man einen Scoop – eine exklusive, aufsehenerregende Geschichte – nennt. Doch viele Leser hat das zwei Seiten lange Gespräch nicht nur wegen der inhaltlichen Aussagen des künftigen US-Präsidenten irritiert, sondern auch wegen der Form. Trumps Sätze sind zum Teil unvollständig, er springt gedanklich hin und her, wiederholt sich oft. Diese Gestaltung ist die Folge einer anderen Interview-Praxis in den USA und in Deutschland.

Dass die meisten Interviews in Printmedien besser zu lesen sind als das Trump-Gespräch, hängt natürlich auch mit der Eloquenz des Interviewten zusammen, aber vor allem hat es etwas damit zu tun, wie Interviews nach dem eigentlichen Gespräch aufgearbeitet werden. In Deutschland ist es üblich, dass Interviews vor der Veröffentlichung vom Gesprächspartner autorisiert, also freigegeben werden. Das soll eigentlich dazu dienen, mögliche Missverständnisse beim Übertragen des Interviews von der Aufnahme in die Schriftform aufzudecken und Sachfehler auszuräumen. In der Praxis führt das jedoch dazu, dass der Interviewte oder Pressesprecher und PR-Agenturen an Formulierungen feilen, glätten und häufig kritische Äußerungen wieder streichen. So kann es vorkommen, dass ein autorisierter Text wenig mit dem eigentlichen Gespräch zu tun hat. Deshalb führen Autorisierungen immer wieder zu Konflikten, bis zur Entscheidung von Redaktionen, das freigegebene Interview nicht abzudrucken.

Autorisierungen haben auch Vorteile

Autorisierungen haben aber auch Vorteile, so kann man etwa Aussagen zugespitzter zusammenfassen. Zudem sind viele Gesprächspartner offener, wenn sie wissen, dass sie noch einmal über ihre Zitate schauen können.

In den USA sind Autorisierungen bei Print-Interviews hingegen völlig unüblich. Es gilt das gesprochene Wort. Allerdings werden auch dort Wortdoppelungen gestrichen und die Sprache geglättet. Gesprochene Sprache transkribiert ist nämlich nur sehr mühsam zu lesen. Die „Bild“-Zeitung hat sich allerdings entschieden, im Falle des Gesprächs mit Trump so nah wie möglich an Trumps Aussagen zu bleiben. „Was Trump im Gespräch gesagt hat, wird von uns genau so transkribiert und in seine Sprache übersetzt. Also keine Formelsprache wie sonst oft üblich, sondern Trump pur“, sagte Kai Diekmann, der das Gespräch führte, der „FAZ“. „Die Aussagen kommen nicht feingeschliffen aus der Waschmaschine, nachdem sich noch etliche Kommunikationsberater über sie gebeugt haben.“

Man habe vorher weder abgesprochen, worüber geredet wird, noch habe es hinterher irgendeine Form der Autorisierung gegeben. „Es wurde innerhalb des Gesprächs an zwei, drei Stellen off-the-records gesprochen, etwa beim Lockheed-Abkommen, Geheimdiensterkenntnissen zu Afghanistan oder Details zu seinem Schwiegersohn Jared. Den Rest haben wir so aufgeschrieben, wie es gesagt wurde“, so Diekmann.

So kommt die „Bild“ Trumps Art zu sprechen zwar sehr nah, allerdings um den Preis der Leserlichkeit. Außerdem offenbart die Abschrift, dass Diekmann – mit seinem Kollegen von der „Times“– eher Stichworte liefert als kritische Fragen zu stellen. Bei einem solchen Interview braucht es dann auch keine Autorisierung – strittige Punkte gibt es ja nicht.