Neue Regeln der Diversität: Keine Gender-Uniformen mehr an japanischen Schulen
In Japan hat traditionell jede Schule ihre eigene Uniform, in männlicher und weiblicher Version. Doch einige Schulen lockern dies nun – für mehr Diversität.

Als ich vor einigen Jahren erstmals durch das Tokioter Viertel Harajuku spaziert bin, war ich überwältigt: Dort begegnen einem an einem ganz normalen Wochentag allerlei schrille Fantasiewesen, wie frisch aus einem Manga entschlüpft. In Deutschland hatte ich so etwas allenfalls mal auf der Frankfurter Buchmesse in den Manga-Hallen gesehen – und bei einem Konzert von Kyary Pamyu Pamyu im Berliner Columbia-Theater: dass Hunderte Jugendliche in ihren sogenannten Cosplay-Outfits rumtollen. Pokémon und sehr viel mehr.
Rund um die Takeshita-dori, eine 350 Meter lange hippe Einkaufsstraße in Shibuya (dem Stadtteil, in dem auch viele Szenen des Kultfilms „Lost in Translation“ gedreht wurden), ist das aber einfach Alltag. Die Straße ist bekannt für ihre punkige, extrovertierte Mode, von der sich auch Lady Gaga und Gwen Stefani schon was abgeschaut haben. Die Modebloggerin und Musikerin Kyary Pamyu Pamyu gilt als die Style-Botschafterin von Harajuku. In Berlin spielt sie in eher kleinen Läden, aber in Japan füllt sie Arenen.
Woher kommt dieses enorme Verlangen nach fantasievoller Exzentrik etwa beim Cosplay? Ich denke, es hat auch mit dem großen Anpassungsdruck in anderen Teilen der japanischen Gesellschaft zu tun. Man kann viel von Mobbing an japanischen Schulen lesen. Und von Menschen, die davor fliehen und sich jahrelang nur noch zu Hause einschotten. Hikikomori nennt man sie in Japan. Japan kennt auch noch keine Ehe für alle.
Deshalb hat es mich besonders gefreut, als ich gerade davon gelesen habe, dass im Sinne von mehr Freiheit und Diversität einige japanische Schulen in der Präfektur Chiba (quasi dem Tokioter Umland) neue Regeln für ihre Schuluniformen erlassen. Nach und nach und in Abstimmung mit den Eltern. Anders als noch vor Kurzem soll es keine strikten Gender-Grenzen mehr geben, schreibt die Zeitung Mainichi Shimbun. Auch Mädchen dürften demnach an einigen Schulen die neuen „männlichen“ Versionen (mit Hose und Blazer) tragen – frei kombinierbar mit Krawatte oder eben doch mit Schleife.
Ob auch Jungs dann einen Uniformrock tragen dürfen – so wie Männer, die bei der Deutschen Bahn arbeiten –, führt der Artikel nicht so genau aus. In Harajuku tun sie es freilich schon.