Können Tiere lügen wie Menschen? Wie Lawrow?

Der Mensch lügt durchschnittlich 25-mal am Tag. Doch was befähigt einen zur Lüge? Und sind Menschen die einzigen Lebewesen, die zur Lüge fähig sind?

Ein Goldfisch mit der Rückenflosse eines Hais.
Ein Goldfisch mit der Rückenflosse eines Hais.imago/Shotshop

Lügen waren schon immer Teil des politischen Geschäfts. Man denke an Watergate, die Barschel-Affäre, die Begründung für den Irak-Krieg. Bismarck wird das Bonmot zugeschrieben, es werde nie so viel gelogen wie vor einer Wahl. Es geht eben in der Politik nicht in erster Linie um Wahrheit, sondern um Macht. Aber eben auch um Meinungsstreit und Kompromisse. „Vom Standpunkt der Politik gesehen ist Wahrheit despotisch“, schrieb Hannah Arendt. Denn sie bestreitet ja das Recht auf andere Meinung. In den Demokratien, in denen es auch in der Politik um Vertrauen geht und um Toleranz, können Lügen zum Problem werden. In Diktaturen ist die Lüge von höchster Wichtigkeit, ja systemerhaltend.

Das jüngste Beispiel dreister politischer Lüge kommt aus Russland

Das jüngste Beispiel der dreisten politischen Lüge kommt denn auch aus einem dieser diktatorischen Systeme, vom russischen Außenminister Sergeij Lawrow: „Wir haben die Ukraine nicht angegriffen“, sagte er. Die russischen Medien, die diese Aussage als Lüge enttarnen könnten, dürfen bei Androhung von hohen Strafen das Wort Krieg nicht benutzen.

Lügen waren auch schon immer Teil des menschlichen Geschäfts. Durchschnittlich 25-mal am Tag soll der Mensch lügen. Aber sind Menschen die einzigen Lebewesen, die zur Lüge fähig sind?

Die weibliche Bolusspinne ist in der Lage, einen Duft abzugeben, der exakt so zusammengesetzt ist wie die Pheromone einer weiblichen Motte. So lockt sie männliche Motten in ihr Netz. Manche Tiere stellen sich tot, wenn sie in Gefahr sind, das Opossum zum Beispiel. Sind das Lügen?

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Eine Lüge ist eine falsche Aussage, die bewusst gemacht wird und jemanden täuschen soll

Es kommt auf die Definition an: Laut Wörterbuch ist die Lüge eine falsche Aussage, die bewusst gemacht wird und jemanden täuschen soll. Die Bolusspinne täuscht zwar, aber macht sie eine Aussage? Oder ist die Fähigkeit, diesen Duft abzusondern, nicht einfach Teil ihres Verhaltensrepertoires? Verhaltensforscher unterscheiden zwischen funktionaler und absichtlicher Täuschung. Wobei Lawrows Lüge sicher beides ist.

Die Frage, ob Tiere lügen können, ist in der Wissenschaft umstritten. Schließlich braucht man für eine Lüge ein Bewusstsein von sich selbst und die Fähigkeit, zu begreifen, was in einem anderen Wesen vor sich geht. Viele Wissenschaftler glauben nicht einmal, dass Menschenaffen darüber verfügen. Die meisten Hundebesitzer werden es anders sehen. Aber lügen wie Lawrow? Dazu muss man wohl ein Mensch sein.