Regt euch ab: Warum Klima-Aktivisten, die nach Thailand fliegen, keine Heuchler sind

Klima-Aktivisten machen sich nicht unglaubwürdig, wenn sie auch mal fliegen oder Fleisch essen oder Auto fahren. Unsere Autorin erklärt, warum.

Eine Boeing 777 startet bei Sonnenuntergang vom Flughafen Frankfurt/Main.
Eine Boeing 777 startet bei Sonnenuntergang vom Flughafen Frankfurt/Main.Daniel Reinhardt/dpa

Zwei Klimaaktivisten sind nach Bali geflogen, und die Empörung ist groß. Regt euch ab, möchte ich all denen zurufen, die jetzt von Heuchelei sprechen. Auch Klimaaktivisten betreiben Symbolpolitik, auch Klimaaktivisten verfügen über einen politischen Körper, mit dem sie rituelle Handlungen vollziehen, den sie theatralisch inszenieren, indem sie diesen Körper etwa mit Sekundenkleber auf Fahrbahnen befestigen. So wie die beiden aus Stuttgart, die wegen ihres Asien-Urlaubs nicht vor Gericht erscheinen konnten. Klima-Aktivisten sind eben auch Wohlstandskids, und sie verfügen über einen natürlichen Körper, mit dem sie ein Flugzeug besteigen können, das sie zu ihrem Vergnügen an thailändische Strände bringt. Von letzterem Körper sprach wohl der Vertreter der Letzten Generation, der sie mit den ungeschickten Worten verteidigte, sie hätten die Flugreise als Privatpersonen angetreten.

Klimaaktivisten sind auch bloß Menschen, und keine besseren, wie der Berliner Aktivist Tadzio Müller angesichts der Bali-Empörung so treffend feststellt. Es ist hinsichtlich der Klimarettung sinnlos, das Individuum in den Mittelpunkt zu stellen und das angeblich afrikanische Sprichwort zu zitieren, das da lautet: „Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ Können sie nicht!

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Wer nachhaltige Lebensführung den Einzelnen überlässt, wird scheitern. Dass das Wissen um die Folgen unseres Handelns gern der Bequemlichkeit, einer schönen Reise oder einer großen warmen Wohnung geopfert wird, muss sich jeder eingestehen, der ehrlich mit sich ist. Das gilt selbstverständlich auch für Klimaaktivisten. Und nein: Sie machen sich nicht unglaubwürdig, wenn sie auch mal fliegen oder Fleisch essen oder Auto fahren. Sie zeigen mit ihrem Verhalten letztlich nur, dass es gesetzliche Rahmenbedingungen geben muss, die dazu führen, dass der Einzelne nicht mehr so einfach schlechte Entscheidungen im Sinne des Klimaschutzes treffen kann.


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