Leopard: Es ist eine Tradition der Nazis, Panzer nach Tieren zu benennen
Das Sprechen über Krieg braucht keine Bilder aus der Fauna. Das verharmlost das Geschehen auf den Schlachtfeldern und knüpft an eine Nazi-Tradition an.

Permanent ist heute von Mardern, Pumas und vor allem Leoparden die Rede. Es werden Witze über Leoparden gemacht, Memes fluten die sozialen Medien, das Auswärtige Amt illustriert in einem misslungenen Spaß-Tweet die Afrikareise des russischen Außenministers Lawrow mit Leoparden-Emojis und bemüht damit das rassistische Klischee, nach dem Afrika der Kontinent für wilde Tiere ist, den man, wenn überhaupt, nur für eine Safari bereist. Da kann man nur auf den Humor derer hoffen, auf deren Kosten der Witz eigentlich gar nicht gehen sollte.
Die Idee, fahrbares Kriegsgerät nach Raubtieren zu benennen, hat ohnehin schon einen strengen Beigeschmack von Verharmlosung. Zumal der Begriff Raubtier schon eine anthropozentrische Unterstellung ist. Tiere kennen kein Gut und kein Böse, sie unterliegen auch nicht dem menschlichen Konzept des Privateigentums, das einem Begriff wie Räuber vorausgesetzt sein müsste.
Das Fressen und Gefressenwerden
Kriegshandlungen auf dem Schlachtfeld, denen Menschen zum Opfer fallen, bekommen in dieser Metaphorik den Anstrich eines Abenteuers, das außerhalb moralischer Zusammenhänge stattfindet, weil Tiere nun einmal ihrer Natur folgen: dem Kreislauf vom Fressen und Gefressenwerden. Waffen kennen auch keine Moral, man kann sie noch nicht einmal scharf in Angriffs- oder Verteidigungswaffen unterteilen. Die Tierbezeichnungen blenden den Menschen, der die Waffen benutzt, ebenso aus, wie sie die Gründe und Folgen ihrer Anwendung verschweigen. Das wird der Rüstungsindustrie recht sein, die erfahrungsgemäß ihre Geschäfte mal mehr mal weniger transparent mit allen Seiten machen will.
Tiernamen lassen sich nun einmal besser merken und auch die ihnen zugeschriebenen Merkmale, die den verschiedenen Waffensystemen leichter zuzuordnen sind. Das kalte Metall, die tote und zerstörerische Technik werden durch die Namensgebung, die immer ein magischer Akt ist, beseelt. Man muss das überhaupt nicht esoterisch verstehen. Aber mit dieser Taufe verwandeln sich Objekte und Werkzeuge zu handelnden Subjekten von Narrativen, Subjekte mit Eigenschaften und Charakter. Es gibt den flinken und leichten Wiesel, den brückenlegenden Biber, den sich durch die Erde wühlenden Dachs und so weiter. Die Tiere, die ihre Namen herleihen, verfügen alle auch über ein Gebiss mit Fangzähnen, mit denen sie Beute machen. Es würde vermutlich niemand auf die Idee kommen, einen Panzer Meerschweinchen zu nennen, und wer ein U-Boot taufen möchte, würde eher auf Hecht oder Rochen kommen und nicht auf Karpfen oder Plötze.

Brechen sollte man mit dieser Sitte aber vor allem, um sich von der Tradition der Wehrmacht zu lösen. Die Nazi-Rüstungsindustrie war es, die seit 1942 ihre zunächst abgekürzten und nummerierten Panzerkampfwagen PzKpfw I, II, III und IV als Tiere zu adeln begann: Der PzKpfw V hieß Panther, aus PzKpfw VI wurde Tiger und aus PzKpfw VII Königstiger. Man hat den Propagandaton der Wochenschauen im Ohr, bei denen mithilfe dieser Bezeichnungen die Kriegstaten der Deutschen verherrlicht wurden, während sie Verderben über die Menschheit brachten. Tiere sind keine Mörder.
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