Macht Kiew zur Partnerstadt Berlins
Die politischen und diplomatischen Mittel gegenüber Russland sind begrenzt. Was wir aber ändern können, ist die deutsche Indifferenz gegenüber der Ukraine.

Berlin inszeniert sich gern als Stadt der Freiheit und des Friedens. Schließlich wurde von hier aus die Freiheit, zu sein, wer man sein möchte, allzu oft und allzu lange unterdrückt, der Frieden oft ruchlos gebrochen. Aber die Inszenierung ist wertlos, wenn sie nicht in Krisenzeiten zu Taten führt. Also sollte Berlin Kiew schnellstmöglich eine Städtepartnerschaft anbieten. Es bedarf dazu nur eines Beschlusses des Abgeordnetenhauses. Und auf den sollten sich doch die meisten Abgeordneten einigen können.
Prenzlauer Berg ist bereits mit dem von Russland besetzten Jalta auf der Krim verpartnert, Charlottenburg mit dem Kiewer Stadtbezirk Petschersk, Steglitz Zehlendorf mit Charkiv. Die Städtepartnerschaft mit Kiew wäre also eine Botschaft des ganzen Berlin: Wir sind uns bewusst, dass Berlin Ziel von Zehntausenden Ukrainern war, die schon in der Kaiserzeit vor der Machtallüre des zaristischen Russlands, vor dem Annexionskrieg Lenins gegen die unabhängigen ukrainischen Republiken, vor der stalinistischen Hungerpolitik des Holdomor flohen. Das Haus mit dem Dreizack am Wilmersdorfer Heidelberger Platz ist bis heute ein Denkmal dieser Exilgeschichte. Von Berlin ging der Befehl für den Massenmord an den Kiewer Juden aus, von hier aus wurde die Unterjochung und Ermordung auch der nichtjüdischen Ukrainer geplant. Hier begann aber auch mit der Verweigerung der Zwangsvereinigung von KPD und SPD 1946, mit dem Durchhalten in der Blockade 1948–1949 in West-Berlin, mit dem Arbeiteraufstand 1953 in Ost-Berlin der offene Widerstand Mittel- und Osteuropas gegen die sowjetische Machtanmaßung. Hier wurde der jetzige Bürgermeister Kiews, Vitali Klitschko, zur Boxlegende.
Putins Imperialismus
Berlins Partnerstadt Moskau unterliegt derzeit der Macht eines Recht brechenden Herrschers, der Oppositionelle und Journalisten ermorden und verfolgen lässt, der die Verbrechen der stalinistischen Sowjetunion rechtfertigt, der zur Legitimierung seiner Machtansprüche die Geschichte verbiegt. All das ist derzeit kaum zu ändern, die politischen und diplomatischen Mittel sind begrenzt. Was wir jedoch ändern können, ist die deutsche Indifferenz gegenüber dem jüngsten Opfer des Putinschen Imperialismus, der Ukraine.
Also müssen wir uns mit den so oft verachteten und doch so oft auf lange Frist wirkungsvollen Symbolen des Widerstands gegen Imperialismus, Kriegstreiberei, Vertrags- und Rechtsbruch bescheiden: Lasst die blau-gelbe Flagge der Ukraine vor dem Roten Rathaus wehen.