Meine Freundin will nicht mehr arbeiten, das setzt mich unter Druck

Sie fragen, unser Mann für die Liebe antwortet. Dieses Mal: Wie sage ich meiner Freundin, dass ich nicht der Alleinverdiener sein will?

Familienbild aus der Serie „Mad Men“: Der Mann arbeitet, die Frau kümmert sich um Kinder und Haushalt. Damit waren schon in den Fünfzigern selten alle zufrieden.
Familienbild aus der Serie „Mad Men“: Der Mann arbeitet, die Frau kümmert sich um Kinder und Haushalt. Damit waren schon in den Fünfzigern selten alle zufrieden.imago

Jonathan, 32. Gleichberechtigung ist mir wichtig. Meine Freundin hat einen guten Job, ist erfolgreich und verdient mehr als ich. Nun will sie Kinder kriegen und dafür ihren Job aufgeben, das Geld für die Familie soll ich allein verdienen, sobald der Nachwuchs da ist. Das setzt mich unter Druck. Was soll ich tun?

Lieber Jonathan, ja – so dreht sich das Geschlechterrad mit seinen Rollenzuweisungen wieder ein Stück weiter. Als ich 1986 stolz mit meinem kleinen Sohn in einem Tragetuch spazieren ging, sprachen mich auf der Straße ältere Damen an. Als erstes: „Wie süß das kleine Kind doch ist“ – dann nach einigem Zögern: „Aber das Kind gehört doch zur Mutter!“

„Ältere Damen“, das sagte man damals so für Frauen ab 50 – also etwa zehn Jahre jünger, als ich es heute bin. Meine Partnerin war stolz auf mich, wie sehr ich mich auf unser Kind einließ, und es war mir ein ehrliches, großes und anstrengendes Vergnügen. Den daraus resultierenden Karriereknick habe ich, altersgemäß ahnungslos, ignoriert. Damals war es einfach für progressive Menschen: Frauen sollen/dürfen Karriere machen, und Männer sollen/dürfen sich um die Kinder kümmern. Inzwischen hat sich das alles dreimal gedreht und teichelt zwischen „Vereinbarkeitslüge“, hohem Leistungsdruck auf Frauen und einer unentschlossenen Wiederannäherung an alte Rollenbilder hin und her. Es ist auch nicht zu ignorieren, dass bisher die Frauen schwanger werden, die Kinder gebären und sie im Babyjahr oft und gerne um sich haben und stillen.

Mit 32 Jahren bist du in einem Alter, in dem sich deine halbgedachten Wünsche und Visionen in etwas zwischen Ahnung und Planung für die nächsten 20 Jahre verwandeln. Meine Fragen sind: „Was meinst du mit Gleichberechtigung?“ – „Was möchtest du für dich in deinem Leben haben?“ – „Wie möchtest du deine Zeit mit deinen Kindern verbringen?“ – „Welche Karriereschritte möchtest du machen?“ Setze dich in Ruhe hin und denke darüber nach. Sprich mit einem Freund. Dann beginne, mit deiner Partnerin darüber zu sprechen. Wahrscheinlich wird ein Gespräch nicht ausreichen. So, wie du deine Freundin zitierst, klingt sie nach einer Frau, die eher Ansagen macht, als eine gemeinsame Vision miteinander auszuloten. An dieser Stelle wird auch dein Druck entstehen. Kinder zu bekommen heißt, sich auf mindestens 20 Jahre miteinander einzulassen. Es wird schwer werden, wenn ihr schon zu Anfang nicht ausreichend gut und wohlwollend miteinander sprecht. Ich denke, für das Aushandeln in der Liebe kann gut das alte Swinger-Club Motto herhalten: „Nichts muss – alles kann“.