Anglikanische Kirche will Gott gendern und diskutiert über „inklusivere Sprache“

Gott soll in Zukunft mit genderneutralen Pronomen bezeichnet werden. Die Synode hat auch über gleichgeschlechtliche Hochzeiten gesprochen.

Blick in die Canterbury Cathedral in England: Seit 1988 ist das Bauwerk Weltkulturerbe der Unesco.
Blick in die Canterbury Cathedral in England: Seit 1988 ist das Bauwerk Weltkulturerbe der Unesco.Imago/Krauthöfer

Welches Geschlecht hat Gott? Diese Frage stellen sich Gläubige und Theologen seit Jahrhunderten, auch wenn die Bibel andeutet: Gott sei eigentlich geschlechtslos. Zwar heißt es „Er“ habe den Menschen nach „seinem“ Bild geschaffen. Trotz dieser sprachlichen Eindeutigkeit könnte man daraus aber auch lesen: Das Bild Gottes diente als Vorlage für Mann und Frau, was darauf schließen lässt, dass Gott als Figur beide Geschlechter einschließt.

Jedoch wird Gott eben hauptsächlich mit männlichen Pronomen beschrieben. Und das könnte die Anglikanische Kirche jetzt in Teilen ändern: Hier könnte von Gott künftig mit gendersensiblen Pronomen gesprochen und geschrieben werden; angedacht ist eine inklusivere Sprache, die die Anglikanische Kirche benutzen will. Das solle auch die Beziehung zur LGBT-Community verbessern und ihr Respekt zollen, heißt es. 

Angestoßen hatte dies unter anderem Reverend Joanna Stobart von der Diözese Bath und Wells in der englischen Stadt Canterbury. In einem offenen Brief hatte sich die Geistliche erkundigt, ob es Fortschritte in Bezug auf alternative Pronomen gebe, die für Gott benutzt werden könnten, sowie Neuigkeiten zur „Entwicklung einer neuen Sprache in unserer autorisierten Liturgie“. In ihrem Brief forderte Stobart die Bischöfe ihrer Kirche auf, „mehr Optionen denjenigen bereitzustellen, die von Gott in einer nicht-gegenderten Weise sprechen möchten, insbesondere in autorisierten Institutionen, in denen Gott in vielen Gebeten mit männlichen Pronomen beschrieben wird“.

Gendersprache in Bezug auf Gott?

Die britische Zeitung Telegraph zitierte nun eine Antwort des Bischofs von Lichfield, Reverend Michael Ipgrave, demzufolge die Liturgische Kommission, dessen stellvertretender Vorsitzender er ist, „für viele Jahre das Gendern im Hinblick auf Gott erforscht hat, in Kooperation mit der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung“. Die Kommissionen seien mehrmals in einen Dialog darüber getreten und „ein neues Gemeinschaftsprojekt zum Thema Gendersprache ist für diesen Frühling geplant“. Genauere Details zum „Projekt“ sind noch nicht bekannt.

Diskussionen wie diese seien „nichts Neues“, zitiert die Zeitung indes einen Sprecher der Anglikanischen Kirche. Dass „Gott weder männlich noch weiblich ist“, werde zwar in den Heiligen Schriften erwähnt, würde sprachlich aber nicht „in unseren Gebeten“ deutlich. Der Sprecher betonte allerdings, dass es „keine Pläne gibt, die aktuellen autorisierten Liturgien zu verbieten oder neu zu schreiben“ und dass „solche Änderungen nur mit umfangreichen Vorschriften erfolgen können“.

Die Synode entschuldigt sich bei der LGBTQI+-Community

Jede sprachliche und schriftliche Umwandlung muss erst einmal von der Synode bestätigt werden. Diese Versammlung aus Bischöfen, Klerus- und Laienvertretern ist seit dem 6. Februar in London zusammengekommen, um dort gemeinsam über unterschiedliche Themen zu entscheiden, darunter auch der Vorschlag einer inklusiveren Sprache. Schon Mitte Januar hatte sich die Synode mit einer Entschuldigung an die Community gerichtet: „Wir entschuldigen uns dafür, wie LGBTQI+-Menschen von der Anglikanischen Kirche behandelt wurden“, heißt es in dem Dokument. Am Donnerstag wurde ein LGBT-freundlicher-Antrag durch die Synode, das gesetzgebende Organ der Anglikanischen Kirche, in London wohlwollend verabschiedet.

In den vergangenen Wochen diskutierte die Kirche zudem über die Legitimation und Durchführung von gleichgeschlechtlichen Hochzeiten. Eine Einigung der Synode zu diesem Thema, so heißt es, sei in naher Zukunft allerdings unwahrscheinlich. Einerseits zeigte sich die Anglikanische Kirche offen für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Trotzdem bleibe die Position der Synode gegenüber gleichgeschlechtigen Ehen unverändert: Homosexuellen Paaren ist es nach wie vor nicht erlaubt, in der Anglikanischen Kirche zu heiraten. Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, zeigt dafür Unverständnis.

Welby gilt als Unterstützer LGBT-sensibler Themen wie jenen, die aktuell in London diskutiert werden. „Ich weiß, dass es Ängste gibt, was in unserer Kirche in Zukunft noch passieren könnte“, betonte Welby laut dem Independent. „Aber lasst uns nicht Opfer werden dieser Angst vor einer Zukunft, die wir weder vorhersehen noch kontrollieren können.“