Metropolitan Museum benennt Degas’ „Russische Tänzerinnen“ um
Das Metropolitan Museum of Art in New York hat den Namen einer Reihe von Pastellzeichnungen des französischen Malers Edgar Degas geändert. Und Russland ist sauer.

Der Ukraine-Krieg lässt auch die Welt der Kunst nicht unberührt. Das renommierte Metropolitan Museum of Art in New York hat jetzt den Namen einiger Pastellbilder von Edgar Degas verändert. Bisher hießen die Meisterwerke des französischen Impressionisten „Russische Tänzerinnen“, jetzt lautet der Name „Tänzerinnen in ukrainischer Kleidung“. Die National Gallery in London hatte schon im April 2022 den Namen von Degas’ Bildern von Tänzerinnen entsprechend geändert und Applaus, aber auch Kritik bekommen. „Diese Tänzerinnen kommen höchstwahrscheinlich aus der Ukraine“, liest man auf der Website der National Gallery.
Bekannt wurde die jüngste Namensänderung in New York durch einen Post, der von der ukrainischen Kunsthistorikerin und Journalistin Oksana Semenik auf den sozialen Medien geteilt wurde. „Letzten Endes hat das Metropolitan hundert von meinen Briefen gelesen und auf uns gehört“, feierte sich Semenik. „Degas’ Tänzerinnen in ukrainischer Kleidung sind keine russischen Tänzerinnen mehr, sondern Tänzerinnen in ukrainischer Kleidung“. Für die Kunsthistorikerin ist es allerdings nur ein „kleiner Sieg“, weil zwar der ukrainische Ursprung des Kleides genannt werde, jedoch nicht die ihrer Meinung nach ukrainische Nationalität der Tänzerinnen.
They did it. After emails and tags, @metmuseum changed the title of Degas's work, and now it is "Dancer in Ukrainian Dress." It was "russian dancer" just a couple of days ago. Of course, it could be just a "Ukrainian dancer," but it is still a small victory. pic.twitter.com/u1TW1FKz34
— Ukrainian Art History (@ukr_arthistory) February 8, 2023
Auch das ukrainische Ministerium für Kultur und Informationspolitik heißt die Entscheidung der westlichen Kunstinstitutionen auf Telegram willkommen: „Museen auf der ganzen Welt nennen berühmte Degas-Gemälde in ‚Tänzerinnen in ukrainischer Kleidung‘ um.“ Zuvor hatte die National Gallery von London auf die Aufforderung ukrainischer Kunstvertreter reagiert, die Namen der Gemälde von Degas zu korrigieren. Das Ministerium merkt an, dass das J.-Paul-Getty-Museum in Los Angeles den Namen der Werke nicht ändere, jedoch habe es im Frühjahr 2022 als Reaktion auf zahlreiche Bitten von Vertretern der ukrainischen Kulturgemeinschaft eine Erklärung zu dem Gemälde hinzugefügt.
Die Geschichte hinter Degas’ Tänzerinnen
Der französische Maler und Bildhauer schuf die Werke zwischen 1890 und Anfang des 20. Jahrhunderts, dabei suchte er den Namen selbst aus. Die Tänzerinnen, die Degas darstellte, traten damals in Frankreich auf. Kunsthistorikern zufolge sah Degas sie wahrscheinlich in Paris, wo sie traditionelle ukrainische Kleidung trugen. Das Interesse der beiden Länder aneinander war gewachsen, nachdem 1894 die Französisch-Russische Allianz vereinbart worden war.
Damals war ein großer Teil der Ukraine Teil des Russischen Reichs und Zar Alexander II. betrieb eine Russifizierungspolitik. Die ukrainischen Tänzerinnen traten womöglich als russische Tänzerinnen in Paris auf, daher Degas’ Titel für seine Bilder. Obwohl die Wurzeln der ukrainischen Kultur Jahrhunderte zurückreichen, wurde der erste ukrainische Nationalstaat erst im Jahr 1917 etabliert.

Auf einem der Gemälde kann man die gelb-blauen Farben der ukrainischen Flagge in den Haarbändern der Tänzerinnen erkennen. Die Kleider der Tänzerinnen sind eindeutig ukrainische Trachten, diese beindruckten Degas besonders. Im Gegensatz dazu ist ihre Nationalität nicht eindeutig geklärt.
Unterdrückung der russischen Kultur?
Nach der Umbenennung durch die National Gallery in London wurde eine englischsprachige Wikipedia-Seite erstellt, die Degas’ 18 Pastellbilder mit dem Titel „Ukrainische Tänzerinnen“ bezeichnet. Russische Medien sehen in solchen Vorgehensweisen eine „Unterdrückung der russischen Kultur“, wie sie seit der Invasion der Ukraine häufiger vorkäme. Die italienische Universität Milano-Bicocca hat eine Vorlesung über Fjodor Dostojewski abgesagt, um Platz für einen ukrainischen Autor zu machen. Es folgte heftige Kritik, die Universität machte einen Rückzieher. Berliner Bars ändern mittlerweile den Namen des beliebten Cocktails „Moscow Mule“ in „Kyiv Mule“, die Zubereitung erfolgt trotzdem noch mit Wodka.