Wie sich Charlie Hebdo über Erdbebenopfer in der Türkei lustig macht

Die Karikatur eines Zeichners aus der Redaktion des französischen Satiremagazins erzeugt wütende Reaktionen auch aus der Türkei. Manche sprechen von Rassismus. 

Der französische Zeichner Pierrick Juin ist für die umstrittene Karikatur verantwortlich. 
Der französische Zeichner Pierrick Juin ist für die umstrittene Karikatur verantwortlich. Lionel Bonaventure/AFP

Am Dienstag twitterte das französische Satiremagazin Charlie Hebdo seine Zeichnung des Tages. Sie bezieht sich auf das Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion, zeigt Trümmerhaufen, ein einstürzendes Haus. Der Text lautet übersetzt: „Jetzt muss man keine Panzer mehr schicken“.

Satire darf sehr viel, aber an dem Tag, an dem Tausende unter Häusertrümmern gestorben, und die Überlebenden unter den Steinen, so sie nicht gefunden wurden, über Nacht wahrscheinlich erfroren sind, ist so eine Karikatur fehl am Platz. Auch wenn der Zeichner sicher nicht beabsichtigt, die Opfer zu verhöhnen, sondern sich wahrscheinlich auf die schwierige politische Lage in einem Gebiet bezieht, in dem viele Kurden leben, und das bereits öfter Militärschläge der türkischen und syrischen Armee zu verkraften hatte. Der so daneben gegriffen hat, ist Pierrick Juin, er wurde erst nach dem Attentat auf Charlie Hebdo im Jahr 2015 Mitglied der Redaktion. 

Der Tweet mit der umstrittenen Karikatur von Charlie Hebdo
Der Tweet mit der umstrittenen Karikatur von Charlie HebdoCharlie Hebdo

Auf Twitter reagieren viele wütend. Viele schreiben auf Türkisch wahrscheinlich direkt aus der Türkei. Andere Nachrichten sind auf Französisch verfasst. „Auch die Türken waren Charlie Hebdo, um Euren Schmerz zu teilen und heute macht Ihr Euch über das Leiden eines ganzen Volkes lustig“, schreibt Öznur Küçüker Sirene. Sie bezieht sich auf die Solidarität mit dem Magazin nach dem islamistisch motivierten Anschlag im Januar 2015, bei dem elf Menschen starben. „Je suis Charlie - Ich bin Charlie“, lautete damals der Slogan, mit dem sich Demonstranten auf der ganzen Welt hinter die Redaktion von Charlie Hebdo stellten.

Charlie Hebdo machte sich schon über italienische Erdbebenopfer lustig

Wie man sich über das Leiden der Erdbebenopfer lustig machen könne, fragen die meisten Tweets empört. Manche nennen die Zeichnung auch rassistisch, gegen die islamische Welt gerichtet. Aber Zeichner von Charlie Hebdo haben auch im Jahr 2016 das schwere Erdbeben in Italien zu einer umstrittenen Karikatur verarbeitet. Blutverschmierte Opfer wurden als Nudeln mit Tomatensauce bezeichnet. Auch damals meldeten sich Tausende wütend zu Wort, es waren Italiener. Die Kritik wurde damals von Riss, einem der Zeichner, die das Attentat überlebten, mit den Worten abgewehrt, dies sei schwarzer Humor.

Schwarzer Humor ist es diesmal nicht, es ist eine Karikatur, die an diesem Tag auf grausame Weise spöttisch wirkt. Zwei Wochen später wäre es vielleicht schon ganz anders gewesen. Ein Karikaturist braucht auch ein Gefühl für das richtige Timing. Und Mitgefühl.


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