Man habe die Sammlung zur Corona-Krise inzwischen weitgehend abgeschlossen, meldete jetzt das Haus der Geschichte in Bonn. Das klingt beruhigend: Wo würde man Corona lieber verorten als im Museum? Mehr als zwei Jahre nach Beginn der Pandemie sind rund 1500 Objekte zusammengekommen. Darunter sind Atemschutzmasken aller Art, erst die bunten selbst genähten, dann die medizinischen und die FFP2-Masken mit und ohne Ventil. Gesammelt wurden auch Impfampullen, Behördenformulare und Kinderzeichnungen. Es finden sich Verbotsschilder, etwa zu einer „Verweilverbotszone“ in Düsseldorf, aber auch Protestplakate von Gegnern der Corona-Maßnahmen.
Ein Bierkranz von der Karnevalssitzung im Kreis Heinsberg, dem ersten Spreading-Event, symbolisiert den Beginn der Pandemie in Deutschland. Vom ersten Geisterspiel der Fußball-Bundesliga zeugt der Originalball, ein Supermarktschild, das von Hamsterkäufen abhalten will. Ein Bierkrug vom Münchner Oktoberfest steht stellvertretend für die vielen ausgefallenen Volksfeste. Einweghandschuhe und ein Leichensack aus einem Bestattungsunternehmen erinnern an die Corona-Toten, von denen immer noch eine Infektionsgefahr ausging. Ein Großteil der Objekte ist bereits in der Online-Datenbank des Hauses der Geschichte abrufbar.
Durch Gegenwart und Zukunft klicken
Auch in die Sammlung des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin hat die Corona-Pandemie Einzug gehalten, so wie in Museen auf der ganzen Welt. Es ist eine neue Sammlungspraxis, die sich hier offenbart, sie wurde zuerst im angelsächsischen Raum etabliert, deshalb der englische Name: Rapid Response Collecting. Im Deutschen gibt es dagegen den Begriff museumsreif. So nennt man umgangssprachlich etwas, das so alt und unpraktisch ist, dass man es nicht mehr brauchen kann. Man kann den Begriff auch als Hinweis auf die Tatsache verstehen, dass es normalerweise lange dauert, bis ein Objekt von Bedeutung es ins Museum schafft.
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Doch die Praxis der schnellen Reaktion auf aktuelle Ereignisse hat sich auch in deutschen Museen etabliert. Sie demonstrieren damit ihr Selbstverständnis als diskursive Häuser. Es geht nicht nur um die Vergangenheit, auch wenn sowohl das DHM als auch die Bonner Einrichtung das Wort Geschichte im Namen tragen. Wenn man sich in der Online-Datenbank von Bonn die Sammelstücke zur Corona-Pandemie ansieht, hat man das bange Gefühl, sich durch die Gegenwart und vor allem die Zukunft zu klicken.