Ein ungewöhnlicher „Tatort“ mit Hannelore Elsner

Der Polizist Ansgar Matzerath (Peter Lohmeyer) gesteht einen Mord. Seine Kollegen Brix (Wolfram Koch) und Janneke (Margarita Broich) versuchen, ihn vor sich selbst zu schützen. Als pensionierte Kommissarin Elsa Bronski ist Hannelore Elsner in einer ihrer letzten Rollen zu sehen.

Hannelore Elsner in einer ihrer letzten Rollen.
Hannelore Elsner in einer ihrer letzten Rollen.HR/Degeto

Die schönste Szene in diesem Film hat gar nichts mit dem Fall zutun. Als Brix versonnen über den Kaschmirpullover  der Kommissarin Janneke streicht, sagt sie: „Herr Kollege, wenn sie hier so weiterschnuffeln, haben wir gleich MeToo.“

Ursprünglich war dieser „Tatort“ erst für Mai programmiert, die ARD hat ihn vorgezogen, um auf diese Weise an Hannelore Elsner zu erinnern, deren Todestag sich am Dienstag jährt. Die Schauspielerin, die hier in einer ihrer letzten Rollen zu sehen ist, prägt diesen ungewöhnlichen Kriminalfilm auf eine dezente und unnachahmliche Weise. Und noch eine Leistung verdient es, herausgehoben zu werden. Für Peter Lohmeyer als schuldig gewordener Polizist Ansgar Matzerath bedeutet sein Auftritt in der Episode „Die Guten und die Bösen“ eine Rollenverschiebung ins tragische Fach. Fast wortlos und ohne äußere Regung besteht er darauf, als Mörder verhaftet und abgeurteilt zu werden. Die Kommissare Brix und Janneke (Wolfram Koch und Margarita Broich in Bestform) wiederum versuchen auf jede erdenkliche Weise, den geständigen Kollegen vor den Konsequenzen seiner Selbstanklage zu schützen.

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Das Geständnis zu Beginn

Am Tatort in einer Waldhütte bekennt Matzerath, jenen Mann getötet zu haben, der sieben Jahre zuvor seine Frau entführt und brutal vergewaltigt hat. Die Ermittlungen waren seinerzeit ergebnislos geblieben. Von dem Gedanken besessen, den Fall im Alleingang zu lösen, konnte der Wachtmeister den Täter schließlich tatsächlich ausfindig machen, um an ihm Selbstjustiz zu verüben. So viel darf hier verraten werden, denn das Geständnis steht am Anfang dieses Films, der mit seinem ausgefeilten Drehbuch (David Ungureit) und der dichten Inszenierung (Petra K. Werner) zu den „Tatort“-Highlights der letzten Jahre zählt.

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Dramaturgisch grundiert wird diese tiefgründige Studie über Recht und Gerechtigkeit, Schuld und Sühne, Strafe und Bestrafung vom Irrsinn eines surreal wirkenden, aller Erfahrung nach jedoch sehr realistischen „Change-Managements“, dem die Kriminalisten unterworfen sind. Das bedeutet unendlichen Spaß mit Übungen in Cross-Development, Mind-Mapping und permanentem Coaching. Zum Arbeiten kommt dort allerdings so gut wie gar keiner mehr. Die Behörde selbst als ein Labyrinth aus Gängen, Zimmern, Kellern und Kammern hat kafkaeske Dimensionen. Überall stehen Gerüste herum, Abdeckplanen verhüllen, ja, was eigentlich? Keine Ahnung. Von der Decke tropft Wasser. Angeblich soll es sich um eine Renovierung handeln, aber wie es aussieht, hat sich das Provisorium längst verstetigt. Und mit der ganzen Changerei geht auf dem Revier allmählich der Sinn verloren. Als die Kommissare von ihrer Supervisionstrainerin (Dennenesch Zoudé) gefragt werden, warum sie Polizist geworden sind, fällt ihnen dazu nichts ein.
 

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HR/Degeto
Tatort: Die Guten und die Bösen
So., 19. April, 20.15 Uhr, ARD