Dresden-Noch ist nicht klar, wie genau die Diebe ins Dresdner Schloss eingedrungen sind, um dort erlesene Juwelen zu stehlen. Sicher ist nur, dass wahrscheinlich zwei Täter – sie sind auf einem Überwachungsvideo zu sehen – durch ein Fenster in das sogenannte Juwelenzimmer eindrangen, nachdem das Gitter durchtrennt und die Scheiben eingeschlagen worden seien.

Das Juwelenzimmer liegt hin zum Innenhof des Dresdner Schlosses, der am frühen Morgen noch geschlossen war – deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass es Komplizen gab. Die Täter, so die Dresdner Polizei nach Ansicht des Videos weiter, seien „zielsicher“ auf die Wandvitrinen zugegangen, hätten die Glastüren zerschlagen und die dahinter präsentierten Juwelengarnituren herausgenommen.
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Zwei Wachleute, die in der Zentrale Dienst haben, beobachten die Täter während der Tat über Monitore. Nach den Vorgaben dürfen sie nicht selbst eingreifen, sondern müssen die Polizei informieren. Die nimmt eine Minute vor 5 Uhr am Morgen den Notruf entgegen. Fünf Minuten später ist der erste Funkstreifenwagen vor Ort, die Täter aber sind schon auf und davon – offenkundig wieder durch das Fenster. Die Polizei geht davon aus, dass ein Fluchtfahrzeug bereitstand.
Fest steht, dass es zu diesem Zeitpunkt stockdunkel am Dresdner Schloss war. Geprüft wird ein möglicher Zusammenhang mit dem Brand eines Stromverteilers nahe der Augustusbrücke am frühen Montagmorgen. Dieser hatte für einen Stromausfall gesorgt. Dadurch fielen die Straßenlampen am Residenzschloss aus. Das Juwelenzimmer ist einer der am reichsten ausgestatteten Räume des Grünen Gewölbes und reserviert für den mit vielen Edelsteinen besetzten Schmuck fürstlicher Hofkleidungen, für erlesene Degen sowie einige Einzelpreziosen wie den weltweit größten blauen Diamanten. Unter den gestohlenen Stücken sind nach Angaben der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) einige der kostbarsten Stücke der Juwelensammlung aus dem 18. Jahrhundert.
Dabei handelt es sich um prominente Kunstwerke der Diamantrosen- und Brillantgarnitur sowie des Brillantschmucks der Königinnen wie Kleinod und Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens, die Große Brustschleife, eine Kette aus sächsischen Perlen, eine Epaulette (Schulterstück) und ein mit über 770 Diamanten besetzter Degen. SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann sprach von einem „Staatsschatz“. Die Schadenshöhe blieb zunächst unklar. Für die Schäden haftet der Freistaat, eine eigene Versicherung gibt es nicht. Am Abend wurde bekannt, dass nicht alle Teile der betroffenen Garnituren entwendet wurden. Nachdem der Tatort noch mal untersucht worden sei, sei klar, „dass zum Glück doch eine ganze Menge Objekte noch da sind“, sagte Ackermann im RBB-Interview von RadioEins.
20-köpfige Sonderkommission „Epaulette“
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) konstatierte: „Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden bestohlen, sondern wir Sachsen!“. Er betonte, die „Werte, die im Grünen Gewölbe und im Residenzschloss zu finden sind, sind von den Menschen im Freistaat Sachsen über viele Jahrhunderte hart erarbeitet worden“. Ohne diese Schätze sei die Geschichte des Freistaats nicht zu verstehen. Sachsen wurde bereits im Mittelalter und dann besonders seit der Renaissance wohlhabend vor allem durch den Bergbau im Erzgebirge und die Weiterverarbeitung der dort gewonnenen Schätze, die Grundlage für ein blühendes Handwerk und die frühe Industriealisierung waren. Marion Ackermann betonte, dass die gestohlenen Schmuckstücke eigentlich gar keinen Wert hätten. Sie sind weltweit allen Fachleuten für Preziosen bekannt und damit nur auf dem Schwarzmarkt verkäuflich.
Auch Sammler, die sich mit ihnen brüsten wollen, lebten immer in der Gefahr, dass gerade die Menschen, die ihre Erwerbungen besonders zu schätzen wissen, also Fachleute, umgehend zur Polizei gehen. Allenfalls könnten die winzigen Mengen Gold und Silber der Fassungen eingeschmolzen und die aus den Fassungen herausgebrochenen Juwelen einiges Geld erbringen. Aber auch diese sind durch die historischen Schliffe von Diamanten, Rubinen, Smaragden oder Opalen schnell als Besonderheiten zu erkennen – was den Verkaufswert weiter mindert. Kurz: Der Diebstahl ist ökonomisch etwa so sinnvoll wie der Raub der Mona Lisa aus dem Louvre oder der berühmter Van-Gogh-Gemälde.
Doch zeigt die Geschichte: Auch diese Diebstähle haben stattgefunden. Der letzte spektakuläre Fall war der Diebstahl einer riesigen Goldmünze aus dem Berliner Bodemuseum. Ein Werk, das im Unterschied zu den Dresdner Juwelen mit großer Sicherheit eingeschmolzen und damit zerstört wurde. Die Dresdner Polizei, die eine 20-köpfige Sonderkommission unter dem Titel „Epaulette“ einsetzte, hat Kontakt zu den Ermittlern in Berlin aufgenommen. Sie wollen anhand der Tatmuster herausfinden, ob es Zusammenhänge gibt, sagte der Kripo-Leiter.
Eines der berühmtesten Objekte des Grünen Gewölbes war übrigens auch am Montag in Sicherheit: Der Grüne Diamant, den August der Starke 1742 für die atemberaubende Summe von 400.000 Talern erwarb. Der auffällig reine und sehr große Stein wird zurzeit in New York als „funkelnder Botschafter Dresdens und Sachsens“ gezeigt. (mit dpa)