"Felice chi è diverso": Männer lieben Männer

Zwei dokumentarische Formen, eine aus Italien und eine aus Schweiz, werfen anhand der Geschichten und Aussagen von Zeitzeugen den Blick bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurück, ein Spielflim aus den USA erinnert an die frühen Tage der „Schwulenseuche“ Aids, die 1985 für existenzielle Verunsicherung sorgt. So unterschiedlich die Herangehensweisen, so deutlich wird doch, wie prekär die gesellschaftliche Situation für die Mehrheit der homosexuellen Männer in der Vergangenheit oft war. Wie schnell auch eine vermeintliche gesellschaftliche Duldung schwuler Lebensweisen ins aggressive Gegenteil kippen kann.

Das bekommt auch der römische Schlachtersohn im Film „Felice chi è diverso (Happy to Be Different)“ zu spüren, dessen Vater einst versuchte, die Homosexualität aus ihm herauszuprügeln. Der Junge haut ab, arbeitet in einem Bordell und wird seinen Erzeuger nie wieder sehen. Körperliche Gewalt hat das seit 1968 zusammenlebende bürgerliche Paar in dieser Form sicher nicht erfahren, aber auch die beiden haben ihre Beziehung nicht unbedingt an Außenstehende kommuniziert. Aber es gibt neben vielen anderen auch den offensichtlich aus dem Großbürgertum stammenden Mann, der von seinem tollen (Sex-)Leben schwärmt.

Wie selbstverständlich schwules Leben möglich ist, scheint gerade auch in Italien einen Klassenfrage zu sein. Immer wieder streut der Regisseur Gianni Amelio Zitate und zeitgenössisches Medienmaterial zum Thema Homosexualität zwischen die Erinnerungen und Erzählungen der alten Männer. Haarsträubend Verächtliches ist dort zu sehen und zu hören, im besten Fall mokiert man sich über die effiminisierten Männer. „Ein Baum, der keine Früchte trägt, müsse vernichtet werden“, wird dagegen Mussolini zitiert, der wie kein anderer gigantische muskulöse nackte Männerstatuen errichten ließ, wie die Kamera genüsslich vorführt. Wenngleich die einzelnen Schicksale teilweise berührend erzählt werden und das historische Originalmaterial mehr als einmal ungläubiges Lachen provoziert, würde man sich ein wenig mehr Orientierung in dieser unfangreichen Sammlung gewünscht haben.

Im Alter sich bekennend und dadurch bekannt geworden ist das Schweizer Ehepaar Ernst Ostertag und Röbi Rapp. Anhand ihrer Geschichte erzählt Stefan Haupt in seiner recht braven Montage aus Spiel- und Dokuszenen „Der Kreis“ die Geschichte des gleichnamigen Züricher Schwulennetzwerks, das eine wichtige Zeitschrift herausgebracht hat und in den 50er-Jahren mit seinen rauschenden Festen zum Mekka für homosexuelle Männer wurde. Weitgehend unter dem Radar der Mehrheitsgesellschaft, ist Diskretion die vorherrschende Strategie des „Kreises“. Als ein Stricher seinen schwulen Kunden umbringt, wird das Ausmaß der (staatlichen) Homophobie schnell deutlich.

Sehr schön getanzt wird dagegen in „Test“ und zwar modernes Ballett. Der schüchterne Frankie steht am Anfang seiner Tanzkarriere, gerade hat er es in San Francisco zur Zweitbesetzung einer wichtigen Tanz-Kompanie gebracht. Es ist aber auch die Zeit der ersten Aids-Toten, und die Verunsicherung ist nicht nur bei Frankie ist groß. Da ist die Ballettpartnerin des offensiv homosexuell lebenden Todd, die sich plötzlich vor dessen Schweiß fürchtet, in einer Radiodiskussion wird Quarantäne für alle homosexuellen Männer gefordert, Bekannte versterben und nicht nur Frankie sucht im Spiegel nach Hautveränderungen. Chris Mason Johnson versteht es in seinem sehr zarten Film meisterlich, die aus Unwissenheit geborene Paranoia einzufangen. Frankies Ängste hemmen ihn aber nicht nur in Bezug auf mögliche Männerbekanntschaften, sie lassen ihn auch beim Tanzen zu kontrolliert erscheinen. Als er sich schließlich doch in ein sexuelles Abenteuer stürzt, wird der neu entwickelte HIV-Test zum Menetekel.

Felice chi è diverso (Happy to Be

Different): 11. 2.: 12 Uhr Cinestar 7;

13. 2.: 17.30 Uhr, Cubix; 15. 2: 17 Uhr, International.

Der Kreis: 11. 2.: 14.30 Uhr, Cinestar 7; 12. 2.: 15 Uhr, Colosseum 1;

16. 2.: 17.30 Uhr Cubix 7.

Test: 13. 2.: 22.30 Uhr, Cinemaxx 7; 14. 2.: 20.15 Uhr, Cinestar 3;

15. 2.: 22.30 Uhr, Cubix 7und 8.