Kunst aus Berlin trotzt Corona

Außergewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen,  das sagt ein altes Sprichwort. Die Berliner Galerie Eigen +Art reagiert auf die Absage der großen Kunstmesse Art Basel in Hongkong mit einer gelassenen und unterhaltsamen Verkaufsschau.

Neo Rauch: "Die Wächter", 2019,Öl auf Leinwand,Öl/Lw.
Neo Rauch: "Die Wächter", 2019,Öl auf Leinwand,Öl/Lw.

Berlin-Was haben Beethovens Hörrohr, Robert Schumanns Taktstock und Arthur Schnitzlers Zündholz-Etui mit dem Corona-Virus zu tun?

Natürlich nichts. Außer, dass die bemerkenswerte Fotoserie „Apokryphen“ der Leipzigerin Ricarda Roggan, auf der sie diese Reliquien liebevoll in Szene setzt, nicht auf der mit großen Erwartungen belegten Art Basel in Hongkong zu sehen sein wird. Die renommierte Kunstmesse wurde abgesagt, wie derzeit so viele Großveranstaltungen des internationalen Lebens und Handelns und Wandelns. Das Bedauern ist groß, aber die Vernunft muss größer sein.

In einer   witzigen  Mischung aus Pragmatismus, Trotz und Humor hat die Galerie Eigen+Art ihren Honkong-Stand mit der Nummer 1D08 an ihrem Berliner Ort Auguststraße aufgebaut. Eine unlarmoyante  Inszenierung, die belegt, wie man  mit Kunst in Zeiten von Cornoa auch  gelassen umgehen kann. Zu sehen bis zum 11. April.

Ricarda Roggan, Fotokünstlerin aus Leipzig, hat die 14-teilige Fotoserie "Apokryphen" von 2015-2019 mit Utensilien berühmter Musiker, Dichter und Denker aufgereiht, die eigentlich für die Art Basel in Honkong gedacht war; darunter  auch "Beethovens Hörrohr".
Ricarda Roggan, Fotokünstlerin aus Leipzig, hat die 14-teilige Fotoserie "Apokryphen" von 2015-2019 mit Utensilien berühmter Musiker, Dichter und Denker aufgereiht, die eigentlich für die Art Basel in Honkong gedacht war; darunter auch "Beethovens Hörrohr"./Uwe Walter/VG Bildkunst Bonn 2020

Verpasste Chancen in Asien

Neo Rauchs rätselhaft-melancholisches Gemälde „Wächter“ von 2019 trüge sehr wahrscheinlich auf dem Marktplatz der chinesischen Sonderverwaltungszone schon nach ein, zwei Stunden einen roten Punkt für „verkauft“. Malerkollege Tim Eitel, mit seinen einsamen Menschenbildern dem Amerikaner Edward Hopper wahlverwandt, und auch Ricarda Roggan bekämen gewiss Avancen. Kai Schiemenz’ poetisch-geometrische Farbglas-Skulpturen fänden wohl Aufmerksamkeit und Gefallen. Auch des Franzosen Marc Desgrandchamps’ den Sommer und damit das Verschwinden des die Welt in Ängsten haltenden Corona-Erregers herbeisehnende meerblaue Strandszene hätten sicher bald einen Liebhaber. Und Sammler würden entdecken, wie meisterhaft existenziell der norditalienische Bildhauer Nicola Samorì zeichnet.

Nun, außer Spesen nix gewesen. Höhere Gewalt. Hunderte von Kunsthändlern weltweit müssen Asien diesmal als Verlust abschreiben und daheim bleiben. Und Berlins Galeristen dürfen hoffen, dass bis zum Gallery Weekend Anfang Mai der Corona-Spuk vorbei ist.

Galerie Eigen +Art Berlin, Auguststraße 26, bis 11. April, Di-Sa 11-18 Uhr