Gutachten: Gema-Tarife nicht angemessen

Wozu noch Diskussionen? Ist die Einigung nicht schon verkündet? Mit diesen Fragen wurde am Mittwochabend in Berlin ein Gutachten über die Angemessenheit der neuen Gema-Tarife vorgestellt. Tatsächlich hatte die Gema, Urheberrechtsvertreterin von Komponisten, am Vortag eine „Einigung“ im Streit mit den Clubs und Diskotheken aus dem Hut gezogen. Damit konnte die Rechtsanwalts-Kanzlei K & L Gates nicht rechnen. Diese hatte sich die Mühe gemacht, von neutralem Standort aus die neuen Gema-Tarife und die Positionen im Streit der Urheber- und Nutzerverbände zu bewerten, nach eigenen Angaben ohne Auftrag, auf eigene Kosten.

Als nun die Gema am Vortag plötzlich eine neue Version des Spiels servierte, konnte die Kanzlei rotieren, die Ergebnisse ihrer Studie einstampfen und alles von vorn rechnen. Denn die Gema darf das. Sie darf im April neue Tarife für alle verkünden, im Juli mit Schützen und Karnevalisten eine Verschiebung und veränderte Zuschläge aushandeln, und im November mit dem Chef dreier winziger Vereine einen Einführungstarif beschließen. So etwas kann nur ein Monopolist: sich erst einen Haufen Geld für die Aufstellung solcher Tarife genehmigen – und danach in Häppchentaktik wieder zurückrudern.

Gutachten: Preissteigerung ungerecht

Das unabhängige Gutachten zeigt, dass die neuen Tarifsteigerungen deshalb so brutal ausfallen, weil sie sich auf einen alten Pauschalrabatt von 1982 über 90 Prozent beziehen. Man versteht leicht, dass sich da in dreißig Jahren etwas im Gefüge ändern kann. Vielleicht braucht eine kommerzielle Großraumdiskothek nicht lebenslang 90 Prozent Rabatt. Aber dafür sollte eine Urhebergesellschaft da sein, langfristig für Angemessenheit zu sorgen, nicht ruckartig und ruinös.

Eine lineare Steigerung und eine Vereinfachung der Tarife hält auch das Gutachten für angemessen, allein die Ergebnisse seien unangemessen. Denn sie seien gerade nicht gerecht, beachteten nicht die Besonderheiten einzelner Betriebe. Ein Berliner Club von 250 Quadratmeter etwa müsste am Ende mit Preissteigerungen von 448 bis 552 Prozent rechnen, 23000 Euro im Jahr zahlen. Und das, obwohl die Clubs wenig Gema-Musik spielen und obwohl DJs dort selbst als Urheber auftreten und in dieser Eigenschaft fast keine Rückflüsse von der Gema hätten, wie der Tresor-Betreiber Dimitri Hegemann und der DJ Mijk van Dijk ausführten. Nicht angemesen seien die neuen Tarife zudem darin, dass die Erhöhung auf 10 Prozent vom Eintritt völlig willkürlich festgelegt sei. Warum nicht 20 oder 5 Prozent? Dazu gibt es keine Begründung. Die Clubs erwägen bereits, nur noch Gema-frei auflegende DJs zu buchen. Einige würden dazu austreten aus der Gema. Das ist der Weg, den die Gema geht.