„Hart aber fair“: In der ARD-Sendung gibt es bemühten Streit um kriminelle Clans in Deutschland

Es gab mal eine Quizshow im Privatfernsehen, wo Kandidaten, die eine Frage falsch beantwortet hatten, per herunterfahrendem Sessel das Studio verlassen mussten. Dazu drückte der Moderator auf einen roten Knopf. Jene Möglichkeit wünscht sich mancher wohl auch für die politischen Talkshows dieses Landes. So es reicht jetzt, er oder sie hat jetzt wirklich genug krudes Zeug erzählt, ein Schlag auf den Buzzer – und raus. Selten ist das mal nicht der Fall. Denn: Einen Verschwörungstheoretiker/Unsympath/Hallodri hat noch jede Redaktion ausgraben können. Dem Team von „Hart aber fair“ ist das in diesem Fall, zum Glück, nicht gelungen. Alle eingeladenen Gäste hatten (zumindest einmal) etwas Erhellendes, Kluges oder Originelles beizutragen.

Das waren die Gäste:

Es ging um Clans in Deutschland. Um Großfamilien, die institutionalisiert Straftaten begehen. Um das deutsche Justizsystem. Um Integration. Bis auf einen Gast, Burkhard Benecken (der als Anwalt Mitglieder von Clans vertritt und somit womöglich nicht ganz neutral mitreden konnte), waren sich eigentlich alle einig – auch wenn hartnäckig daran gearbeitet wurde, sich über Details zu streiten. Hier kommt, als Service für die Gäste der Sendung, nochmal die inhaltliche Zusammenfassung - damit sie das bemühte Gezanke bei der nächsten Sendung sein lassen können.

Wichtigster Punkt: Straftaten sind zu verfolgen und zu bestrafen. Razzien müssen besser vorbereitet und koordiniert werden, damit die Erfolgsquote steigt.

In der Diskussion über Clans und insbesondere Familienstrukturen muss aufgepasst werden, ethnische Gruppen nicht unter einen Generalverdacht zu stellen. Es ist offensichtlich, dass Straftaten organisiert begangen werden und auch immer wieder die gleichen Nationalitäten und Familien in Erscheinung treten. Trotzdem wird die Situation der in Deutschland unbescholten lebenden Landsleute verschlimmert, wenn sie in Sippenhaft genommen werden.

Politik versäumte die Integration der Flüchtlinge aus dem Libanon

Die Ausstattung des deutschen Justizapparats ist unzureichend – personell, finanziell, materiell. Exemplarisch wurde der Arbeitsplatz der Berliner Staatsanwältin Petra Leister gezeigt. Anwalt Benecken musste auf Nachfrage einräumen, dass er sich nicht vorstellen könnte, in so einem Büro zu arbeiten.

Vielfach ist Integration gescheitert. Besonders hat es die Politik versäumt, die Flüchtlinge aus dem Libanon, die vor dem Bürgerkrieg in den 70er Jahren geflohen sind, in den Arbeitsmarkt einzugliedern und deren Kindern Bildung zu ermöglichen. Das ist die Basis für Clanstrukturen heute. Zu viele junge Menschen geraten auf die falsche Bahn, weil sie den Wert von Bildung und ehrlicher Arbeit nicht vermittelt bekommen.

Erfreulich, dass beruhigend wenig über Klischees gesprochen wurde. Ein paar Klassiker waren dennoch dabei: „Gangster-Rap“, „matter AMG-Mercedes“, „Shisha rauchen“. Bedenklich, dass die hinter der Thematik stehenden Problematiken (gescheiterte Integration, unterfinanzierte Justiz) in Zukunft wieder chronisch zu wenig Aufmerksamkeit erhalten. Versöhnlich, dass Menschen wie Petra Leister und Ahmad Omeirat in Deutschland arbeiten. Aus Omeirat, der aufgrund seines Nachnamens erfolglos 200 Bewerbungen schrieb, scheint ein engagierter, eloquenter und authentischer Politiker geworden zu sein.

Wer neben der Diskussion noch ein bisschen Atmosphäre erleben möchte, sollte die zweite Staffel der aktuell laufenden Serie „4 Blocks“ schauen, in der es um arabische Großfamilien in Berlin geht. Für die inhaltliche Basis war die Plasberg-Diskussion zumindest ein Anfang. Für die nächste Runde sollte die Redaktion dann aber dennoch überlegen, wann der „Jetzt-Reichts-Button“ endlich Realität wird.