„Heul doch“ und „Ich hasse dich“: Sieben Rachesongs, die es in sich haben
Shakira richtet ein aggressives Lied an Piqué, nun besingt auch Miley Cyrus ihren Ex. Wir haben weitere Beispiele für schön schreckliche Rachesongs gefunden.

Seit Wochen kennt der Boulevard fast nur ein Thema: Shakira und ihren Rachesong nämlich. Der heißt „Music Sessions #53“ und richtet sich an ihren Ex-Freund, den ehemaligen spanischen Fußballer Gerard Piqué, seines Zeichens nunmehr Liebhaber einer 22-Jährigen; einer Frau also, die ziemlich genau halb so alt ist wie ihre Vorgängerin Shakira. „Ich bin zwei 22-Jährige wert“, faucht diese denn auch in ihrem Rachelied, Piqué habe einen Ferrari gegen einen Twingo eingetauscht, eine Rolex gegen eine Casio.
Der Gescholtene wiederum scheint mit ordentlich Humor ausgestattet, fuhr neulich grinsend mit einem Twingo vor einer Gruppe Papparazzi vor. Shakira spielte ihren Rachesong indes in voller Lautstärke und auf Repeat in ihrer Villa in Barcelona ab – auf dass ihn auch bloß Piqués Mutter höre, die praktischerweise nur ein paar Häuser weiter wohnt. Als kleines Schmankerl, so ist in Onlinevideos zu sehen, drapierte die Musikerin noch eine Hexenfigur in Lebensgröße auf ihrem Balkon. Und auf wessen Haus deutet das langnasige Plastikweib? Genau.
🧙♀️🔊 Shakira has reportedly been listening to her BZRP session on a loop today, where there is also a witch on the balcony pointing at her ex-mother-in-law's house… pic.twitter.com/ZX2qXJG8lB
— ShakiraMedia (@ShakiraMedia) January 14, 2023
Eines hat Shakira damit auf jeden Fall erreicht: größtmögliche Aufmerksamkeit für das harsche Ende ihrer Beziehung. Und für ihre Musik. Letzteres dürfte auch Miley Cyrus inspiriert haben, die nun ebenso einen Rachesong auf den Musikmarkt gerotzt hat. Ihr Lied „Flowers“, in dem sie ihre neu errungene Unabhängigkeit feiert, erschien – wie passend – am 33. Geburtstag ihres Ex-Manns Liam Hemsworth.
Die beiden, Shakira und Miley Cyrus, sind aber längst nicht die Einzigen, die mit ihren Verflossenen singend abgerechnet haben. Ein kleiner Blick in die jüngere Musikgeschichte zeigt: Der Rachesong hat Tradition! Ein paar besonders schön schreckliche Beispiele haben wir für Sie zusammengetragen.
1. Taylor Swift: Revenge-Songs für alle
Ordentlich Rachegelüste hegt offenbar Pop-Superstar Taylor Swift. Die 33-Jährige darf sich als unangefochtene Königin der Revenge-Songs fühlen, verarbeitete die US-Amerikanerin doch in unzähligen Songs ihre vergangenen Beziehungen. Das Lied „All Too Well“ etwa von ihrem vierten Studioalbum „Red“ verfasste Swift nach einer sechsmonatigen Schreibblockade. Es ist voll mit Anspielungen auf eine zerbrochene Beziehung – Gerüchten zufolge jene, die die Sängerin mit Schauspieler Jake Gyllenhaal führte. Angeblich habe sich der Schauspieler aufgrund des großen Altersunterschieds von ihr getrennt. Taylor merkte in ihrem Hit an, dass die Frauen, die er datet, nicht viel älter seien als sie damals („I’ll get older, but your lovers stay my age“). Autsch!

Dass man sich mit Taylor Swift lieber nicht anlegen sollte, haben auch andere Leute schon erfahren müssen. Im schlimmsten Fall landen ihre Neider und Feinde nämlich in ihren Texten. Einer US-Zeitschrift verriet die vielfache Grammy-Preisträgerin mal: „Als ich zur Schule ging, hat niemand mit mir gesprochen, aber ich konnte mich darauf freuen, zu Hause über die Leute zu schreiben. Damals habe ich begonnen, mich durch Songs an denjenigen zu rächen, die gemein zu mir waren. Wenn du nicht nett zu mir bist, schreibe ich einen Song über dich – und das wirst du nicht mögen.“
2. Justin Timberlakes „Cry Me a River“: Heul doch, Britney!
Gerade waren sie noch im Denim-Partnerlook über den roten Teppich der American Music Awards geschlurft – einer der ikonischsten Modemomente des damals noch jungen Jahrtausends –, da wars auch schon wieder vorbei mit der Liebe von Justin Timberlake und Britney Spears. Zwischen 1998 und 2002 waren die beiden das Prinzenpaar der Popmusik. „Wo warst du, als sich Britney und Justin getrennt haben?“, fragte sich danach eine ganze Generation, als sei das Trennungsspektakel vergleichbar mit dem 11. September oder dem Unfalltod von Lady Di.
So ein spektakuläres Aus braucht einen Soundtrack, mag sich Justin, vormals Boyband-Mitglied bei NSYNC, gedacht haben, als er just nach der hochoffiziellen Trennung einen Song für sein erstes Soloalbum schrieb: „Cry Me a River“ – „Heul doch“, auf dass sich ein tränentrüber Wimmer-Fluss über die Reste unserer Liebe ergießt. Geht nicht deutlicher? Doch: Im Musikvideo zum Rachesong taucht ein Britney-Spears-Double auf, das von ihrem Timberlake-Ex bespannt wird. Gruselig!
3. Dafür ist es nie zu spät: Die Rache der Ärzte
„Doch eines Tages, werd’ ich mich rächen. Ich werd’ die Herzen aller Mädchen brechen.“ Klarer kann man die Botschaft im Genre der Revenge-Songs nicht verpacken als die Ärzte in ihrem 1985 veröffentlichten Song „Zu spät“, der auch fast 40 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seiner bittersüßen, infantil-humorigen Strahlkraft verloren hat. Teenager landauf, landab wussten schon damals genau, wovon im Lied die Rede war.
Farin Urlaub singt aus der Sicht eines jungen Mannes, der von seiner Freundin für einen reicheren Mann verlassen wurde. In seiner Enttäuschung vergleicht er das, was er ihr bieten konnte, mit dem, was sie von ihrem Neuen bekommt. Fix und Foxi gegen Theaterbesuche, Currywurst mit Pommes gegen Essen im Ritz. Und dann kann der neue „Supermann“ auch noch Karate, Mist!
Das Beste an diesem Song ist: Der Textinhalt kann je nach Lage abgeändert und dem Zeitgeist angepasst werden. Zum Beispiel für den Fall, dass ein Mann von seiner Freundin für einen ärmeren verlassen wird, mit gleichzeitigem Augenmerk auf die Klimakrise: „Du liebst ihn nur, weil er kein Auto hat!“
4. Prince: Auge um Auge, Zahn um Zahn
Schon Jahre bevor sich das Emoji als omnipräsentes Kommunikationsmittel durchgesetzt hat – übrigens auch im Bereich der Liebes- oder eben Hasssprache –, experimentierte Prince mit der Verwendung eines Wortsymbols. „👁 Hate U“ heißt einer seiner Songs aus 1995; „Eye Hate U“ also, sprich „I Hate You“. So oder so, ob mit Augen-Bildchen oder ohne: Hier wird ein ordentlicher Kübel Abscheu über einer namenlosen Ex-Partnerin ausgeschüttet – in knapp viereinhalb Minuten haucht Prince gleich fünfzehnmal: „Ich hasse dich!“
Die Schauspielerin und Sängerin Carmen Electra behauptete später, der Song handele von ihr, wenngleich Prince und sie Anfang der 90er nur ein überschaubares Techtelmechtel pflegten. „Ich hatte einen anderen Typen getroffen, mit dem ich aber nicht geschlafen habe, und Prince fand es heraus“, erzählte Electra später. „Ich habe diesen Song über dich geschrieben“, soll der Musiker dann gesagt und sodann aufs Knöpfchen gedrückt haben, um „I Hate U“ abzuspielen. Beziehungsweise: „👁 Hate U“.
5. Kraftklubs „Dein Lied“: Richtig heißt es „Sexarbeiterin“
Klarer Fall von hinterher ist man immer schlauer: Es war wohl keine gute Idee, die eigene Ex als „verdammte Hure“ zu bezeichnen – und zwar in aller Öffentlichkeit, im 2017 veröffentlichten Song „Dein Lied“. Das hat ein paar Jahre später auch die Band Kraftklub um den Sänger Felix Brummer selbst erkannt. 2022 nämlich entschuldigte sich die Truppe für ihren ausfallenden Rachesong – und zwar mit einem neuen Lied auf einem neuen Album.
„Ein ,war nicht so gemeint‘ macht nicht alles wieder gut; nicht den Streit, die Zerstörung und die Wut“, heißt es darin reuevoll, von Texten „wie ‚Dein Lied‘ und all die anderen schlechten Zeilen“ ist die Rede. Ob es das wirklich besser macht? Wohl eher nicht, hieß es im Rachelied von 2017 doch: „Dass ich vielleicht etwas konfliktscheu bin, aber immerhin, fick’ ich nicht mit deinen Freundinnen.“ Und weiter: „In deinem Herzen hab’ ich immer einen Platz; ist ja geil, endlich was gemeinsam mit jedem ander’n Wichser in der Stadt.“ Sehr geschmackvoll.
6. Alanis Morissette: Beziehungsaus und Genrewechsel
„Ich bin hier, um dich an den Dreck zu erinnern, den du hinterlassen hast“ – eigentlich braucht man diese Textzeilen gar nicht zu verstehen, um zu merken, dass sich Alanis Morissette in „You Oughta Know“ direkt an einen Verflossenen richtet. Schon ihre kraftvolle, aggressive Stimme verdeutlicht: Jetzt ist Schluss mit lustig, du Arsch! So markiert der 1995 herausgekommene Song auch den Genre-Übergang der Sängerin von „Bubblegum Pop“ zu Alternative Rock, wie die Musikjournale damals berichteten – wohin einen ein herber Breakup halt so treiben kann.
An wen genau sich das Lied richtet? Darüber schwieg sich die Kanadierin viele Jahre aus. 2008 flötete sie dann, was als weiterer Seitenhieb mit Schmackes begriffen werden kann: „Bei allem Respekt vor allen, die meinen, sich in meinen Songs wiederzufinden, ich habe gar keine Lust, das zu kommentieren, weil ich diese Songs für mich selbst schreibe, nicht für andere.“ Okay!
7. Tom Schilling & The Jazz Kids: Perfekter Abschied
Universal einsetzbar bei Trennungen aller Art ist „Kein Liebeslied“. Es beginnt mit konkreten Handlungsanweisungen: „Nimm dir den Koffer, pack alles ein, und dann mach, dass du gehst.“ Und es entlädt sich in Wut. Der oft so sensibel wirkende Tom Schilling liefert einen zum Mitschreien ansteckenden Song. „Zu dir fällt mir nichts mehr ein, nur ein Lied, ich hoffe, es gefällt“: Mit dem stakkatohaft vorgetragenen „Aber das, aber das, aber das ist kein Liebeslied – und schuld daran bist du“ kann man lernen, den Partner, die Eben-noch-Geliebte oder die ehemals beste Freundin energisch vor die Tür zu setzen. Hach, selbst dem Arbeitgeber weint man nicht einen Nanoliter Tränen hinterher, wenn sich der Schmerz in dieses Pathos der Abwehr übersetzt hat.
Irres Gitarrenkreischen und heftigster Drumlärm lassen alles vergessen, was vielleicht mal schön war, aber nun nichts mehr wert ist. Denn: „Heute Nacht wird geputzt, damit nichts von dir bleibt, keine Spur wird man finden, kein einziges Haar weit und breit.“ Man muss nicht immer reden, ein harter Schnitt hilft auch.