Hier müssen Sie am Wochenende hin: die Kulturtipps der Redaktion

Unser Kulturteam hat sich auf die Suche nach dem besten Wochenendprogramm begeben – und es hier zusammengestellt, samt nackten Figuren, Horrorkino und Vampiren.

Zeitgenössische New Yorker Malerei bei Max Hetzler

Lena Dunham kennen spätestens seit „Girls“ – jener legendären New Yorker Serie, in der sie selbst die Hauptrolle spielte – so gute wie alle, die sich für US-Popkultur interessieren. Lenas Vater Carroll Dunham dagegen ist wenigen Leuten ein Begriff. Dabei gilt der heute 73-Jährige als einer der wichtigsten Maler seiner Generation. Er ist zwischen Basel, Miami und Paris auf internationalen Messen vertreten und erweitert durch leuchtende Farben und cartooneske Darstellungen nackter Figuren in imaginären Landschaften immer mehr das Vokabular der zeitgenössischen Malerei.

Carroll Dunham, „Wrestlers“, 2017
Carroll Dunham, „Wrestlers“, 2017Carroll Dunham, courtesy of the artist and Galerie Max Hetzler Berlin | Paris | London. Photo: def image

In Dunhams Bildern dickbäuchiger Frauen beim Baden, eines gesichtslosen Paars beim Sex oder zwei sich bezwingenden Männer lässt er die Betrachterin für einen Moment in deren auf Wesentliches reduzierte Welten eintauchen. Und doch scheint dabei immer auch etwas irgendwie Undurchdringliches zurückzubleiben. Man fragt sich: Wer sind diese Gestalten mit den stöpselartigen Brustwarzen, dunklen Haarbüscheln und meist ausdruckslosen Gesichtern? Welche Bedeutung haben die ritualhaften Bewegungen, die sie in Dunhams Bildern ausführen? Bei Max Hetzler kann man sich davon seit dieser Woche ein Bild machen. Die Solo-Ausstellung zeigt ausgewählte Zeichnungen – etwa die einer langhaarigen Person, die vor einem tiefblauen Hintergrund in die Weite blickt. Befindet sie sich kurz vor dem Sprung in einen See? Hält sie lediglich melancholisch inne? Überzeugen Sie sich selbst. Hanno Hauenstein

Carroll Dunham, Selected Drawings. Max Hetzler, Bleibtreustraße 15/16, noch bis 25. Februar


Aus der Sammlung der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem

Der Chanukka-Leuchter der Kieler Familie Posner, ein selbstangefertigter Thoraschrein des Hamburger Schumachers Leon Cohen, den er ins Ghetto Theresienstadt mitnahm, ein Stethoskop des Berliner Arztes Hermann Zondek, das er auf seiner Flucht nach Jerusalem 1933 bei sich hatte – das sind drei der 16 Objekte, die derzeit im Deutschen Bundestag im Rahmen der Ausstellung „Sechzehn Objekte. Eine Ausstellung zu siebzig Jahren Yad Vashem“ zu sehen sind.

Erstmals seit ihren Anfängen vor 70 Jahren werden Exponate aus der Sammlung von Yad Vashem, der Holocaust-Gedenkstätte in Israel, in Deutschland gezeigt. Es sind Alltagsgegenstände, die aus verschiedenen deutschen Städten kommen und anzeigen, dass es überall jüdische Gemeinden, jüdisches Leben gab – bis es ausgelöscht wurde. Die Ausstellung findet im Zusammenhang mit dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar statt. Sie ist ein Projekt des deutschen Freundeskreises Yad Vashem e.V. und der Gedenkstätte Yad Vashem. Susanne Lenz

Sechzehn Objekte bis 17. Februar, montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr im Paul-Löbe-Haus, Eingang West, Konrad-Adenauer-Str. 1, Berlin-Mitte. Die Anmeldung ist obligatorisch: per Mail unter ausstellungen@bundestag.de und online unter www.bundestag.de/parlamentarische_ausstellung


„Früchte des Zorns“: Kunst zum Krieg in der Ukraine

Das massive Stück Stacheldraht des Bildhauers Steve Schepens besagt es: Es geht um Unrecht und Gewalt. Um den vor fast einem Jahr begonnenen Krieg Russlands gegen die Ukraine, um Verfolgung der Anderslebenden im Land des Aggressors Russland. Um Untaten der Okkupanten, Tod, Verzweiflung und die Hoffnung der Ukrainer. Dies sind die Themen jener bewegenden Schau im Haus am Lützowplatz. Hier wird der Versuch gewagt, Ursachen und Folgen der Aggression Putins zu beleuchten, in Installationen, Fotos, Gemälden.

Der Titel basiert auf dem 1939 erschienenen Roman „Früchte des Zorns“ des Nobelpreisträgers John Steinbeck. Wie die Ausstellenden wollte Steinbeck Geschichte kommentieren, den Kampf um Recht und Freiheit. Und während in der Ukraine der Krieg mit all seinen Schrecken weitergeht, setzt sich der Kampf um die Zukunft Europas fort.

Tut schon den Augen weh in der Schau „Früchte des Zorns“: Steve Schepens „Gay Train“, Keramik.
Tut schon den Augen weh in der Schau „Früchte des Zorns“: Steve Schepens „Gay Train“, Keramik.HaL/Steve Schepens

Alle Werke zeigen persönliche, gesellschaftliche und politische Phänomene und hinterfragen Putins Hass auf das ehemalige „Bruderland“. Auf der Suche nach Antworten geht es auch um die Rolle der Kunst in diesem Konflikt. Zu sehen sind Werke aus verschiedenen Perspektiven, auch unter schwierigen Umständen nach Berlin transportierte Arbeiten von in der Ukraine Verbliebenen, die das schlimme Geschehen aus den Kämpfen, der Angst und der schwierigen Versorgung heraus reflektieren. Dies oft mit improvisiertem Material.

Andere Werke kommen von unter Lebensgefahr Geflohenen oder seit Jahren im Ausland lebenden Kunstschaffenden. Das ukrainisch-deutsche Kuratorinnen-Duo Eleonora Frolov und Kateryna Rietz-Rakul arbeitet bereits seit dem Ausbruch der Maidan-Proteste 2013/14 zusammen. Seither mussten sie eine ganz neue Ethik des Ausstellens und Vermittelns definieren – über die Ohnmacht, aber auch die Widerstandskraft der Kunst. Ingeborg Ruthe

HaL, Haus am Lützowplatz Nr. 9, bis 19. März, Di–So 11 bis 18 Uhr. Eintritt frei


Peter Bause liest aus seinen Memoiren

Wir haben das Memoir dieses allseits beliebten Schauspielers noch nicht gelesen und pflegen unsere Vorurteile gegen dieses Genre, die doch schon so oft widerlegt wurden. Aber es wurde auch oft bestätigt. Ein Mime flicht sich, weil die Nachwelt nun einmal im Tagesgeschäft und angesichts der nachrückenden Helden nicht dazu kommen wird, selbst ein paar Kränze, garniert das Ganze mit Anekdoten sowie Legenden und zählt Namen und Rollen auf, als würde die Nachwelt mittelfristig auch nur einen Pfifferling auf diese geben. 

Peter Bause liest aus seinen Memoiren. Eine Gelegenheit, ihn live zu erleben.
Peter Bause liest aus seinen Memoiren. Eine Gelegenheit, ihn live zu erleben.Bernd Elmenthaler/Imago

Umso schöner ist es, wenn Peter Bause jetzt sein Buch „Man stirbt doch nicht im dritten Akt“ zum Anlass für ein paar Auftritte nimmt und den echten Kontakt zum Publikum sucht. Dann kann man sich seine in der Tat beeindruckenden Karrierestationen vom Deutschen Theater über das Berliner Ensemble sowie Film und Fernsehen bis zum Ehrensenator der Nürnberger Trichter Karnevalsgesellschaft vor Augen führen lassen und dann Fragen stellen. Zum Beispiel dazu, dass er im zarten Alter von nur 17 Jahren die Leitung des Jugendpostamtes Magdeburg innehatte, und wie man von da den Sprung ins Entertainmentfach schafft, in dem er sich bei der Antwort bitte beweisen soll! Viel Spaß. Ulrich Seidler

Peter Bause liest aus seinen Memoiren „Man stirbt doch nicht im dritten Akt“, Sonntag 15.30 Uhr in den Wühlmäusen, Pommernallee 2-4, Karten unter Tel.: 30 67 30 11 oder wuehlmaeuse.de


Fantasy Filmfest White Nights

Nach zwei Jahren Corona-Pause können Horrorfans sich wieder auf die kurze Winterausgabe des Fantasy-Filmfests freuen. Im Zoo-Palast laufen am Wochenende insgesamt zehn Filme nacheinander. Wer sich traut, kann sich also theoretisch alle zu Gemüte führen, aber bitte wohlüberlegt: Allein nach dem südkoreanischen Film „Project Wolf Hunting“ hat man wahrscheinlich schon mehr Blut und Gedärme gesehen als im gesamten Vorjahr. Hier sollen die gefährlichsten Verbrecher von Manila auf einem Frachter nach Südkorea gebracht werden, dessen Crew von der Mafia unterwandert ist.

Weniger brutal, aber gruseliger geht es im norwegischen Film „Good Boy“ zu. Hier reagiert eine junge Studentin einigermaßen überrascht, als sie morgens in der Wohnung des Mannes aufwacht, mit dem sie einen One-Night-Stand verbracht hat. Dessen Mitbewohner trägt ein Hundekostüm und verbringt sein Leben in der Rolle des Tieres. Die Frau ergreift die Flucht – doch kehrt aus Neugier und dem Wunsch, sich anderen Lebensentwürfen gegenüber offen zu zeigen, schon bald zurück. Claudia Reinhard

Ein braves Hündchen?
Ein braves Hündchen?Blue Finch Film

Fantasy-Filmfest White Nights, 28.–29. Januar, Zoo-Palast. Hier geht es zum Programm


Konzert: Jim Jarmusch mit Sqürl an der Volksbühne

Jim Jarmusch ist mehr als „nur“ ein Titan des Arthouse-Kinos: Er ist obendrein noch Musiker. Wer etwa seine Blutsauger-Tragikomödie „Only Lovers Left Alive“(2013) mit Tilda Swinton gesehen hat, kennt auch schon Musik aus der Jarmusch-Feder: Am großartig grungigen Soundtrack hat er nämlich mit Jozef van Wissem und mit Carter Logan gearbeitet. Mit letzterem zusammen bildet er seit 2009 den Kern des Avantgarde-Projekts Sqürl, dessen quirliger Name an das englische squirrel (zu Deutsch: Eichhörnchen) gemahnt. Immer wieder laden sie sich aber auch Gäste. Zola Jesus etwa.

Ohnehin ist Jarmusch eng verbunden mit Musik. Man denke nur an den großen Geschichtenbrummler Tom Waits in Jarmuschs New-Orleans-Gefängnisfilm „Down By Law“ (1986) – oder an „Year Of The Horse“ (1997), seinen Tour-Dokumentarfilm über Neil Young and Crazy Horse. Jarmusch selbst war in jungen Jahren Keyboarder und Sänger einer No-Wave-Band. Bei Squirl spielt er Gitarren und Synths.

Technisch sollte man nun keine Meisterleistung erwarten: Für Jarmusch ist das Musizieren ein entspannendes Hobby – als Konterpunkt zum Filmemachen, das immer viel Orga und auch mal Kompromisse bedeutet; ist man doch auf viele andere Leute angewesen. In der Musik macht Jarmusch ganz sein Ding, jagt schräg repetierende Gitarren durch allerlei Effektgeräte. Ein reines Konzert-Konzert wird es nicht, sondern Sqürl lassen parallel zu ihren Klängen vier Stummfilme des Avantgardisten Man Ray laufen. Eine seltene Chance, Jarmusch als Klangkünstler live zu erleben. Meistens ist er ja arg busy mit dem Filmemachen. Und das wird hoffentlich so bleiben, bis er alt wie ein Vampir ist. Stefan Hochgesand

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Samstag, 28. Januar, 20–23 Uhr, VVK 34 Euro


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