Hier müssen Sie am Wochenende hin: Die Kulturtipps der Redaktion
Diesmal in der Auswahl: Blechdeckelscheppern mit Stomp, Wände bemalen im HausKunst, ungarische Fotokunst im KVOST und Glühwürmchen im Napalmkrieg.

„Stomp“: Rhythmuswunder im Admiralspalast
Bei „Stomp“ machen sie aus allem ein Musikinstrument. Oder vielleicht müsste man eher sagen: eine Rhythmusmaschine. Aus einem Besen zum Beispiel, der praktischerweise aus zwei verschiedenen Materialien besteht, Holz und Borsten. Damit kann man ganz unterschiedliche Geräusche erzeugen. Zarte Streichgeräusche, lautes Stampfen, und das in allen Abstufungen. Warum es nicht mit Mülleimerdeckeln aus Blech versuchen, mit Wasserbehältern aus Plastik, mit Eimern, mit Holzstöcken. Töne kriegt man aus allem heraus, vor allem die virtuosen Tänzer von Stomp mit ihrer unbändigen Energie. Ihr neues Programm, mit dem sie im Admiralspalast auftreten, beinhaltet zwei neue Nummer: „Suitcases“ und „Poltergeist“. Susanne Lenz
Stomp Admiralspalast, 17., 18. und 19. März, Tickets hier
HausKunst Mitte: Die Malerin Rebecca Raue und ihr Ephra-Projekt für Kinder
Die Ausstellungsräume im HausKunst Mitte sind verwandelt in Ateliers – Orte des kreativen, spielerischen Austauschs mit Kindern. 22 namhafte Berliner Künstlerinnen und Künstler sind Gastgeber, so Ana Prvački, Karin Sander, Olafur Eliasson, Christian Jankowski, Jeppe Hein. Ihre verlagerten Ateliers, zu begehbaren Installationen geworden, sind eine Einladung an Kinder wie Erwachsene.

Alles ist hier anders als im Museum, wo es ums eher stille Betrachten geht und nichts berührt werden darf. Hier wird gehüpft, gespielt, angefasst, es werden Wände bemalt. Es gibt sogar Höhlen, zum Hineinkriechen. Aber es geht nicht um einen Abenteuerspielplatz. Der Anspruch ist schon etwas höher: Hier Kunst wird sinnliches Erlebnis, wird Aktion, Austausch zwischen Interaktion und Beobachten. Die Berliner Künstlerin Rebecca Raue ist Kuratorin der Ausstellung und Gründerin des Ephra-Projekts. Sie hatte die Idee und gewann Künstler für das Projekt, wo Kinder nicht „bespaßt“ werden, sondern die Freiheit haben, sich selbst einzubringen, ganz nach ihrem Gusto aktiv und kreativ zu werden. Und sich zu trauen. Ingeborg Ruthe
„Wo die Gedanken Verstecken spielen", HausKunst Mitte, Heidestraße 54 (nahe Hauptbahnhof), bis 11. Juni, Do–So 12-18 Uhr.
Die letzten Glühwürmchen
„Die letzten Glüchwürmchen“ von Isao Takahata gehört zu den großartigsten Filmen, die seit 1985 in Hayao Miyazakis Studio Ghibli entstanden sind – und das will bekanntlich etwas heißen. Die Handlung basiert auf der in Japan sehr bekannten Kurzgeschichte „Das Grab der Leuchtkäfer“ (1967) von Akiyuki Nosaka, dessen Schwester im Zweiten Weltkrieg verhungerte.
Nachdem der vierzehnjährige Seita und die vierjährige Setsuko 1945 bei einem Napalmangriff ihre Mutter und Heimat verlieren, sind sie bei ihrer Tante, die schon genug andere Mäuler zu stopfen hat, wenig willkommen. In seiner Verzweiflung entscheidet Seita, es auf eigene Faust zu versuchen und zieht mit seiner kleinen Schwester in einen verlassenen Bunker. An dieser Stelle sei angemerkt, dass dieser Film trotz seiner Machart, Protagonisten, Altersfreigabe und Vorführzeit um 14 Uhr nichts für jüngere Kinder ist – was den meisten beim Stichwort Napalm vermutlich schon klargeworden ist. Doch ab, sagen wir mal 13, darf ihn niemand mehr verpassen. Hier bleibt kein Auge trocken, kein Herz unberührt und kein Blick auf die aktuellen Kriegsbilder mehr wie vorher. Claudia Reinhard
Die letzten Glühwürmchen. Animationsfilm, Sonntag, 19. März, 14 Uhr, Neues Off, Tickets: www.yorck.de
Drei Chöre vereint in der Philharmonie: „Cavalleria & Chor“

Köln und Leipzig treffen Berlin, und am Ende werden bei „Cavalleria & Chor“ fast 200 Sängerinnen und Sänger auf der Bühne der Philharmonie stehen. Gemeinsam mit dem Mädchen- und Frauenchor der Schola Cantorum Leipzig, einer Singschule, die 1963 der Musikpädagoge Reinhardt Syhre im Stadtteil Marienbrunn gegründet hat, und dem seit 1986 bestehenden Berliner Mädchenchor präsentiert der über 180 Jahre alte Kölner Männer-Gesang-Verein auf Einladung der Berliner Symphoniker in der Berliner Philharmonie Highlights der Opernchorliteratur, etwa Pietro Mascagnis „Cavalleria Rusticana“, den Brautchor aus Richard Wagners „Lohengrin“, den Elfenchor aus Nicolais „Die lustigen Weiber“, den Hexenchor aus Giuseppe Verdis „Macbeth“. Es spielen die Berliner Philharmoniker. Susanne Lenz
Cavalleria & Chor 19. März, 16 Uhr. Karten hier
KVOST: Junge ungarische Fotografie im Kunstverein Ost

Alltag, Gesellschaft, Lebensgefühl, Hoffnungen und Enttäuschungen – das sind die Themen dreier junger Leute aus Ungarn: Die beiden Fotografinnen Francisca Legát und Boglárka Eva Zellei sowie ihr Kollege Domonkos Varga, alle drei aus Budapest, haben ihre Aufnahmen im Kunstverein Ost (KVOST) in Berlin-Mitte ausgebreitet. Es geht um Erinnerung und Gegenwart, um Familienarchive und Familiengeschichten, um das Ungarn, in dem die Eltern und Großeltern aufgewachsen sind, um die Zeit unter der sozialistischen, stalinistischen Diktatur, aber auch des freiheitssuchenden „Gulasch-Kommunismus“ der Ungarn, die den Eisernen Vorhang im August 1989, Monate vor dem Fall der Berliner Mauer, abgebaut haben. Ebenso geht es um die neue autokratische Staaträson unter Orban, um Religion, um Tradition und Moderne, um die Natur und Politik. Vargas Porträt einer jungen Frau aus seiner Cassandra-Serie spricht Bände. Das rechte Auge der „Seherin“ ist erblindet, das linke hält sie sich zu. Eine auf die antike dystopische Wahrsagerin Kassandra abhebende Metapher der Ratlosigkeit einer jungen Generation zwischen Konsum und Ideologie, Körper und Transformation, Ängsten und Hoffnungen. Ingeborg Ruthe
KVOST, Leipziger Straße/Ecke Jerusalemer Straße 47. Bis 23. April, Mi-So 14-18 Uhr. Eintritt frei
Das Forecast-Festival 2023 im Radialsystem

Es ist das siebte Forecast-Festival, das in Berlin stattfindet, ein Zeichen seines Erfolgs. Monatelang haben Künstler, Performerinnen, Filmemacher und kreative Denkerinnen mit ihren Mentorinnen und Mentoren zusammengearbeitet, am Freitag und Sonnabend feiern ihre Projekte im Berliner Radialsystem Weltpremiere. Genregrenzen sind dabei dazu da, überwunden zu werden: Es gibt Stand-up-Comedy, filmische Recherche, Performance und Vokalexperimente. „Expanded Magic“ heißt etwa das Projekt von Tom Cassani, dessen Mentorin Florentina Holzinger ist, die mit ihrem Stück „Ophelia's got talent“ an der Volksbühne umjubelt und zum Theatertreffen eingeladen wurde. Ihre Mentee erweitert in „Expanded Magic“ die Grenzen der Magie. Das Physische, Haptische und Sinnliche spielt bei diesem Forecast-Jahrgang eine besonders große Rolle. Vielleicht eine Folge des postpandemischen Lebensgefühls. Susanne Lenz
Forecast Festival 2023: Am 17. und 18. März im Radialsystem, das gesamte Programm gibt es hier, Tickets hier
Empfehlungen aus dem Ticketshop: